Gezielte Förderung nötig: Was die Politik aus dem Dürresommer lernen muss
Darum geht es: Die Landwirtschaftskammer zieht aus dem Dürre-Sommer 2018 das Fazit, dass die Landwirtschaft sich anders aufstellen muss, wenn sie für die Zukunft gerüstet sein will. Doch dafür braucht es die Hilfe der Politik. Ein Kommentar von Isabel Christian.
Manche unterstellen Gerhard Schwetje hellseherische Fähigkeiten. Er selbst nennt es eher Vorsichtsmaßnahme. Seit Jahren lässt der Landwirt und Präsident der Landwirtschaftskammer auf seinen Feldern mehr als eine Sorte Pflanzen wachsen. Ist gerade keine Zeit für Getreide, so gedeihen bei ihm Körnermais oder sogenannte „Leguminosen“ – Bohnen, Erbsen und Lupinen. „Ich habe das mit meinem Sohn, der Agrarwirtschaft studiert, schon lange vor dem Dürresommer besprochen und wir waren uns einig, dass es vernünftig ist, nicht nur auf eine Fruchtfolge zu setzen. Das hat sich jetzt bewahrheitet.“ Klar ist, dass die Dürre vor allem die Bauern getroffen hat, die sich zu stark spezialisiert haben – auf Getreide, auf Kartoffeln, auf Rüben. Ihre Ernten sind von der Trockenheit stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Für sie bedeuten die Ernteeinbußen nun auch einen empfindlichen Dämpfer für ihre Finanzen, teilweise geht es an die Existenz ihrer Höfe. Für die steht nun der Staat bereit, um ihnen finanziell aus der Notlage zu helfen. Das ist richtig und wichtig. Doch die Politik muss noch andere Lehren aus der Dürre ziehen: Die Landwirte müssen sich besser vorbereiten können.
Schwetje ist in der glücklichen Lage, dass er seine „Leguminosen“ tatsächlich auch zu Geld machen kann. Doch viele Bauern trauten sich nicht, auf andere Feldfrüchte zu setzen, aus Angst, darauf sitzen zu bleiben. Denn die Marktstrukturen für andere Früchte als Getreide, Kartoffeln, Silomais und Gras sind rudimentär. Zudem werden die Landwirte durch den Druck auf dem Weltmarkt dazu getrieben, bei den klassischen Pflanzen hoch zu pokern und dabei auf den maximalen Ertrag zu setzen. Lieber mehr Getreide anpflanzen als Erbsen. Damit kann man in guten Jahren viel gewinnen. In schlechten aber, wie in diesem und im vorigen Jahr, kann man auch viel verlieren. Da die Sommer vermutlich extremer werden, muss die Politik hier Anreize für eine vielfältige Bepflanzung setzen. Es muss sich mehr lohnen, aus verschiedenen Feldfrüchten die optimale Ernte herauszuholen als alles auf eine Frucht zu setzen.
Da die Sommer Klimaforschern zufolge eher heißer werden, müssen auch bei der Beregnung neue Wege gegangen werden. Denn in diesem Sommer konnten viele Landwirte ihre Ernten nur dadurch retten, indem sie sie regelmäßig mit Wasser überschütteten. Doch das Wasser ist ein wertvoller Rohstoff und es ist aus gutem Grund streng reglementiert, wie viel Wasser die Landwirte der Erde entnehmen dürfen. Auch für die Landwirte ist das kein Modell der Wahl, wer sein Feld etwa mit 200 Litern Wasser pro Quadratmeter beregnen muss, der zahlt pro Hektar schnell mal 600 bis 1000 Euro für den künstlichen Regen. In der Branche hat man sich deshalb schon Gedanken über zusätzliche Wasserquellen gemacht. Seit einigen Jahren etwa wird das Wasser, das bei der Zuckerproduktion entsteht, für die Beregnung aufbewahrt. Und es gibt noch viele andere Ideen. Etwa Rückhaltebecken, die sich bei Hochwasser oder Regen füllen. Auch von Drainagen ist die Rede.
Doch all diese Optionen sind teuer. Allein das Bohren eines Brunnens für die Nutzung des Grundwassers und das Verlegen der Leitungen zu den Feldern kostet rund 3000 Euro pro Hektar erschlossenes Feld. Diese Kosten tragen die Landwirte selbst. Und wenn dann auch noch das Anlegen von eigenen Wasserspeichern dazukommt, lohnt die Bewässerung für manchen Landwirt nicht mehr, er lässt die Ernte lieber verdorren. Dass das keine Option sein kann, steht außer Frage. Deshalb muss die Politik hier Vorschub leisten und mit Fördermitteln die Einrichtung solcher Becken unterstützen. Das schont das Grundwasser, den Geldbeutel der Landwirte und schließlich auch den des Steuerzahlers, der dann keine Dürrenothilfen mehr bezahlen muss.