Soll die Leiharbeit gesetzlich verboten werden? Müssen Militäreinrichtungen und Truppenübungsplätze geschlossen werden? Die Forderungen der Linkspartei im ersten Entwurf eines Programms für die Landtagswahl im Januar 2018 sind auf massive Kritik führender niedersächsischer Gewerkschafter gestoßen. Die Partei hatte die Vorsitzenden des DGB, Hartmut Tölle, und der Bildungsgewerkschaft GEW, Eberhard Brandt, zu einem „Großen Ratschlag“ nach Hannover eingeladen – also zu einer ersten Bewertung und Diskussion über die Ziele, die von einer Programmkommission aufgeschrieben worden waren. Endgültig soll das Programm am 20. Mai beschlossen werden. „Ich empfehle, das Papier völlig neu zu strukturieren. Es geht um ein Wahlprogramm, das die nächsten fünf Jahre skizzieren soll, nicht um ein Grundsatzprogramm“, sagte Tölle. Forderungen müssten „prägnanter formuliert“ sein und auch einen pragmatischen Politikansatz erkennen lassen. „Man darf die Anforderungen an einen Politikwechsel nicht zu hoch hängen, sonst verliert man schnell die eigene Glaubwürdigkeit“ ergänzte der GEW-Landesvorsitzende Brandt.

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In Arbeitsgruppen wurde über einzelne Forderungen ausgiebig diskutiert. So wird im Entwurf das Verbot der Leiharbeit verlangt, einige Linken-Mitglieder sprechen gar von „Sklaverei“. „Soweit würde ich nicht gehen“, sagte Tölle, denn eine befristete Stellenbesetzung etwa im Fall von Schwangerschaftsvertretungen sei natürlich sinnvoll. Der DGB-Vorsitzende forderte außerdem „ein Bekenntnis zur Spitzenforschung und zur hochqualifizierten Produktion in Niedersachsen“, dies vermisse er im Entwurf. Mehrere Linken-Mitglieder entgegneten, dies dürfe natürlich die Rüstungsforschung nicht einschließen. Andere meinten, man solle den niedersächsischen Häfen generell verbieten, mit Rüstungsgütern zu handeln.

Auch die Arbeitszeitverkürzung beschäftigt die Linken, im Programmentwurf wird eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, langfristig gar eine 30-Stunden-Woche anvisiert. „Dazu müssen wir uns als Linke bekennen“, bekräftigte der hannoversche Linken-Ratsherr Veli Yildirim. „Dafür findet ihr aber bei den Gewerkschaften zur Zeit nicht viel Applaus“, entgegnete Tölle. Zum einen sei das Sache der Tarifpartner, zum anderen verkenne diese Haltung, wie schwer es für die IG Metall derzeit im Kontakt mit den Arbeitgebern sei, überhaupt die 35-Stunden-Woche zu halten. „Mir fehlt der Glaube, über ein Arbeitszeitgesetz die Sache regeln zu können.“ Auch der Satz im Linken-Programmentwurf, das Rentenniveau langfristig auf 53 Prozent (gemessen am Durchschnittseinkommen) anzuheben, wird von Tölle gerügt: „Es nützt nichts, das zu fordern und gleichzeitig nicht realistisch darlegen zu können, wie man es finanzieren will – ohne die Rentenbeiträge enorm anheben zu müssen.“ Ein Problem habe er darüber hinaus mit Positionen der Linken, jegliches Freihandelsabkommen abzulehnen. „Unsere Arbeitsplätze sind nun mal vom Welthandel abhängig.“ Tölle meinte in Anspielung auf den geringen Prozentsatz der Linken in den aktuellen Meinungsumfragen: „Wenn Ihr all das fordert, werdet Ihr Probleme haben, mehr zu werden als das, was Ihr seid.“

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Auch GEW-Chef Brandt fand deutliche Worte der Kritik. Wenn die Linke immer wieder auf mögliche und umständliche Bundesratsinitiativen verweise, zeige das nur, dass sie die Spielräume der Landespolitik nicht erkannt habe. In seiner Arbeitsgruppe hatte ein Linken-Mitglied die – bisher nicht in den Programmentwurf aufgenommene – Forderung, das Gymnasium abzuschaffen und die Einheitsschule verpflichtend vorzusehen. „Das halte ich für dumm“, sagte Brandt, denn man könne nicht das Gymnasium verbieten wollen, wenn 60 Prozent der Eltern diese Schulform für ihre Kinder bevorzugten. Brandt warnte auch davor, sich zum Schutzpatron aller kleinen Grundschulen aufschwingen zu wollen. 40 Prozent der Schulen hätten heute weniger als sieben Vollzeitlehrer-Einheiten – und es sei enorm schwierig für Lehrer in einem kleinen Kollegium, auf die Dauer fachlich qualifizierten Unterricht anbieten zu können. Dann sei es besser, Mini-Grundschulen zu schließen und lieber ein besseres Angebot an Schulbusverkehr zu schaffen.