Gesetz für private Quartierinitiativen: Kammern wünschen sich mehr Tempo
Bei so manchen Abkürzungen, bleibt eher unklar, was sich dahinter verbirgt. Eine dieser Abkürzungen lautet: BID. Sie steht für Business Improvement Districts und bedeutet, dass sich Hauseigentümer in privaten Quartierinitiativen zusammenschließen und selbst Geld in die Hand nehmen, um in Kooperation mit der Kommune das eigene Quartier aufzuwerten. Zehn Bundesländer haben bereits ein entsprechendes BID-Gesetz, auch in Niedersachsen wäre es fast soweit gewesen. Selbst die Anhörung zum Gesetz war in der vergangenen Legislaturperiode bereits abgeschlossen. Doch dann war die Legislaturperiode schneller vorbei als gedacht und das BID-Gesetz blieb auf der Strecke. Jetzt ist wieder Warten angesagt.
Susanne Schmitt, Hauptgeschäftsführerin der Niedersächsischen Industrie- und Handelskammer (NIHK), hält den Stand der Dinge für nicht befriedigend. Schmitt wünscht sich mehr Tempo von der Großen Koalition. Im Mai hatte die Kammer noch einmal alle Fraktionen im Landtag angeschrieben und darum gebeten, das „für den stationären Einzelhandel wichtige Gesetz zeitnah in den Gesetzgebungsprozess“ einzubringen. In dem Schreiben bedauert die IHKN, dass das Gesetz im Herbst vergangenen Jahres der Diskontinuität anheimfiel. „Dies ist aus Sicht der IHKN insbesondere deswegen bedauerlich, weil das Gesetz den Einzelhändlern, Standortgemeinschaften und kommunalen Verwaltungen seit vielen Jahren in Aussicht gestellt und eine große Chance für qualitative Verbesserungen der lokalen Standorte bieten wird“, heißt es in dem Schreiben.
Das Umweltministerium, seit ein paar Monaten auch für Bau und damit für das Thema BID zuständig, ist nach eigener Darstellung schon bei der Arbeit. Derzeit würden zwei Instrumente vorbereitet: Zum einen ein Gesetz zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen, zum anderen solle die Quartiersinitiative Niedersachsen als Förderprogramm neu aufgelegt werden. Die Innenstädte und Ortszentren stünden schließlich vor großen Herausforderungen, sagt Umweltminister Olaf Lies dem Politikjournal Rundblick. „Auf der einen Seite haben wir immer noch mit dem Trend der größeren Märkte auf der grünen Wiese zu kämpfen und auf der anderen Seite wächst der Druck durch den Onlinehandel. Darum müssen wir die Innenstädte stärken“, meint Lies. Bereits als Wirtschaftsminister habe er sich bemüht, immer wieder neue Initiativen zu stärken, in den vergangenen Jahren auch über den genossenschaftlichen Ansatz. „Es wird aber deutlich, dass wir eine rechtliche Grundlage der Zusammenarbeit brauchen. Dafür werden wir die notwendigen rechtlichen Grundlagen schaffen.“
In der Diskussion um das neue Gesetz könnte es auch noch einmal ums Geld gehen. Denn so ganz umsonst werden die Initiativen für das Land möglicherweise nicht sein. In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf in der vergangenen Legislaturperiode hatte die IHKN für eine Anschubfinanzierung für neue Quartiersinitiativen plädiert. „Die Erfahrung aus anderen Bundesländern zeigt, dass viele BIDs in der Anfangsphase sowohl organisatorisch als auch finanziell an ihre Grenzen stoßen“, heißt es in dem Papier. Für den Anschub von privaten Initiativen sowie für eine professionelle und eigenverantwortliche Organisation sei deshalb ein „Anreiz in Form von finanziellen Startimpulsen“ erforderlich. Auch eine zentrale Koordinierungsstelle könnte der Kammer zufolge dabei helfen, neue Initiativen zu unterstützen.
Mit der neuen Abkürzung BID könnte ein zumindest in einigen Orten eine andere Vokabel überflüssig werden: Leerstandsmanagement. Der Begriff ist eng mit dem demographischen Wandel verbunden. Das Problem wird in vielen Orten in den kommenden Jahren eher größer als kleiner. Deshalb wünscht sich nicht nur die IHKN, dass es mit dem neuen BID-Gesetz in Niedersachsen nun schnell geht. Auch der Umweltminister selbst drückt aufs Gaspedal: „Wir wollen starke, lebendige Innenstädte mit einem starken und gut funktionierendem Einzelhandel. Allerdings drängt die Zeit.“ Die negativen Folgen der Rückgangs des Einzelhandels seien vielerorts bereits intensiv zu erkennen.
Von Martin Brüning