Fünf norddeutsche Länder verstärken gemeinsam den Druck für die Interessen der Windenergie
Die Koalition aus SPD und CDU in Niedersachsen ist sich im Grundsatz einig: Ohne einen Ausbau der Windenergie kann der Klimaschutz nicht erreicht werden, die Energiewende auch nicht. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wird Ende der kommenden Woche in Berlin gemeinsam mit den anderen norddeutschen Regierungschefs vor die Bundespressekonferenz treten und diese Position unterstreichen.
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In Niedersachsen haben Weil und Umweltminister Olaf Lies (SPD) nachdrücklich betont, sie lehnten die geplante 1000-Meter-Abstandsregel der Wohnbebauung zu neuen Windkraftanlagen, wie sie in der Koalition auf Bundesebene vereinbart wurde, strikt ab. Niedersachsen werde eine in der Berliner Koalition besprochene Ausnahmeregel nutzen und von den 1000 Metern abweichen, womöglich gar auf die Benennung einer Meterzahl verzichten. Die CDU wollte sich bisher noch nicht festlegen, ob sie an diesem Punkt die Position der Sozialdemokraten teilt.
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Aus einer Auflistung des von Lies geführten Ministeriums geht hervor, dass von den mehr als 6400 Windrädern in Niedersachsen nur 854 bisher den 1000-Meter-Abstand einhalten. Knapp 1600 Anlagen indes liegen nicht einmal 400 Meter von der Bebauung entfernt. Noch befinden sich die bundesrechtlichen Regeln im Stadium von Referentenentwürfen aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
Dort ist vorgesehen, dass schon ab fünf Häusern ein 1000-Meter-Abstand gelten soll, bei weniger als fünf Gebäuden nicht. Würde man auf zehn oder 20 Häuser erhöhen, so sähen die Chancen für neue Windräder schon viel besser aus. Spannend wird auch die Frage, wie die Ausnahmeregel für Länder gefasst wird. In ihrer Raum- und Bauleitplanung sind die Kommunen verpflichtet, einen bestimmten Anteil an Fläche für die Windenergie vorzusehen, das dürften rund zwölf Prozent der Fläche sein.
Als „harte Kriterien“ gelten die Lärm- und Sichtbeeinträchtigung – bei Nutzung der Ausnahmeregel wäre es möglich, hier 1000 Meter zu unterschreiten. Jetzt könnte landesweit eine niedersächsische Ausnahmeregel formuliert werden, oder aber man überließe ihre Anwendung der jeweiligen Gemeinde vor Ort. Die SPD/CDU-Koalition dürfte dann noch über ein zweites Thema diskutieren, nämlich den Abstand der Windkraftanlagen zu Naturschutz- und Rastgebieten der Vögel.
Würde in das Bundesnaturschutzgesetz eine „Privilegierung der Windenergie“ eingefügt werden, so dürfte der Abstand zu Schutzgebieten (derzeit auch rund 1000 Meter) verringert werden. Ein solcher Schritt könnte dazu führen, dass die Gemeinden ihre Planungsauflage für Windkraft-Gebiete in höherer Distanz zur Wohnbebauung und in geringerer Distanz zu Vogel-Rastgebieten erfüllen könnten. Umweltschutzverbände befürchten einen solchen Schritt bereits und schlagen Alarm. Doch ein entsprechender Vorschlag zur Reform des Bundesnaturschutzgesetzes, den das Bundesumweltministerium auf den Weg bringen müsste, liegt bisher noch nicht vor.