Mehr Erlebnis, mehr Inspiration: Mit diesen Schlagworten beschreibt die Deutsche Messe AG im Werbefilm die neue Cebit. Nach der anhaltenden Talfahrt der vergangenen Jahre bei den Besucherzahlen und den Ausstellern hat der Veranstalter der weltweit größten Informationstechnikmesse im vergangenen Jahr die Reißleine gezogen. Entweder die Cebit wird radikal umgestaltet – oder sie ist Geschichte. Wie radikal der Umbruch nun ausfallen soll, hat gestern Oliver Frese vom Vorstand der Deutschen Messe AG vorgestellt. Das neue Logo mit dem künftig groß geschriebenen E, der Schwenk von den etwas altbackenen Markenfarben Rot-Weiß hin zum aggressiveren Schwarz-Gelb und der Termin im Juni statt im März sind dabei die am deutlichsten sichtbaren Zeichen der Veränderung. Insgesamt soll die Messe mehr Festival als Businesstreffen sein. Damit gibt die Deutsche Messe AG zu, dass ihr Plan der vergangenen Jahre, die Cebit zur reinen Fachmesse für Unternehmen umzubauen, gescheitert ist.

Das Logo der neuen CEBIT ist schwarz-gelb. Foto: Christian

Ab 2008 ging es bergab

Anfang der Jahrtausendwende, als sich in der Computertechnologie tatsächlich noch etwas zum Anfassen und Anschauen entwickelte, zählte die Cebit rund 500.000 Besucher pro Saison. Damals öffnete die weltgrößte Technikschau in Hannover sogar an zehn Tagen ihre Türen. Ab 2008 ging es aber bergab. Die Anschauungsobjekte wurden weniger, die Werbegeschenke auch und so geschah es auch mit den Besucherzahlen. Für Privatpersonen wurde es irgendwann schlichtweg uninteressant, das Geld für die Eintrittskarte zu einer Messeschau zu bezahlen, auf der es ohnehin nicht mehr viel neben unterschiedlichen Computerprogrammen zu sehen gibt. Im vergangenen Jahr besuchten nur noch knapp 200.000 Menschen die Computermesse. Nun lag die Deutsche Messe AG nicht falsch mit der Idee, wenn die Privatbesucher wegblieben, könne man die Cebit ja gleich zur reinen Unternehmensmesse ausbauen. Doch der Plan ging nicht auf, die Aussteller sprangen dennoch reihenweise ab. Hatten bis 2008 noch rund 6000 Unternehmen einen Stand auf der Cebit, so hatte sich ihre Zahl im vergangenen Jahr auf 3000 halbiert.

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Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Cebit den Unternehmen keine geeignete Plattform für ihre Vertragsabschlüsse und Kundenakquise bietet. Vielmehr macht sich die Deutsche Messe AG selbst Konkurrenz durch die stetig wachsende Hannover-Messe. Erst vor einigen Monaten erklärte die Telekom, bisher einer der größten Standbetreiber auf der Cebit, die Cebit künftig links liegen lassen und nur noch bei der Hannover-Messe ausstellen zu wollen. Eines der deutlichsten Signale, wo die Branche ihre Prioritäten setzt.

Weniger Nerd, mehr Hipster

Um die Cebit doch noch zu retten, aber nicht mehr in Konkurrenz zur Hannover-Messe treten zu müssen, setzt die Deutsche Messe AG jetzt wieder auf den privat Technikinteressierten. Dabei gilt die Devise: Weniger Nerd, mehr Hipster; weniger Computer, mehr Lebensgefühl. Wo früher Firmenchefs im Anzug dominierten, sollen künftig Programmierer und junge Kreative das Bild durchmischen. „Wenn wir alle Akteure der digitalen Szene zusammenbringen wollen, müssen wir auch an die 25- bis 35-Jährigen denken, die die Branche technisch und gedanklich voranbringen“, sagte Frese. „Für diese Menschen machen wir diese Messe.“ Oder das Business-Festival, wie er die Cebit lieber nennt. Unternehmensstände sollen künftig von Chill-Out-Lounges umrahmt werden, in denen man beim Fachsimpeln an den von verschiedenen Brauseherstellern gesponserten Kultgetränken nippen kann. Fachgespräche wechseln sich ab mit Kulturprogramm und wer nach der Party mit Musikgrößen wie Jan Delay auf dem „Diconomy-Campus“ keine Lust mehr hat, nach Hause oder ins Hotel zu fahren, kann sich für 35 Euro ein Zelt nebst Schlafsack und Luftmatratze auf dem anliegenden Campingplatz mieten.

Mehr Spaß statt Ernst: Die dDeutsche Messe AG wünscht sich von den Unternehmen, die auf der CEBIT ausstellen, mehr Kreativität. Zum Beispiel mit dem Riesenrad von SAP. Foto: Christian

Technik-Elite soll nach Hannover kommen

„Wir wollen eine Festivalatmosphäre schaffen und damit neue Zielgruppen erreichen“, sagt Frese. Wer das ist, liegt auf der Hand. Frese will nicht länger zusehen, wie sich die Technik-Elite auf der „Consumer Electronics Show“ (CES) in Las Vegas tummelt. Er will die Stars der Szene und ihre Anhänger wieder in Hannover sehen.