FDP: Rot-grünes Polizeigesetz ist „völlig falscher Ansatz“
Die FDP hat massive Bedenken gegen den rot-grünen Plan, mit der bevorstehenden Änderung des Polizeigesetzes die Vorschriften für den „Unterbindungsgewahrsam“ zu ändern. Das bisherige, noch von der damaligen CDU/FDP-Mehrheit beschlossene Gesetz sieht vor, dass man Personen bis zu zehn Tage lang gefangen halten kann, auch wenn ihnen keine konkrete Straftat vorgeworfen wird. Bisher ist das oft angewandt worden, um beispielsweise Fußball-Rowdys oder gewaltbereite Atomkraftgegner davon abzuhalten, ein Fußballspiel oder einen Castor-Transport massiv zu stören. Die rot-grüne Koalition verfolgt bei ihrem Vorhaben, das geltende Polizeigesetz zu reformieren, nun den Plan, diese Frist von zehn auf nur noch vier Tage zu verkürzen. „Das ist ein völlig falscher Ansatz, denn die vier Tage sind viel zu kurz, um wichtige Fragen zu klären“, sagt der FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen. Er rät dringend dazu, an den bisherigen zehn Tagen festzuhalten.
Nach den Worten von Oetjen steht das Gesetz heute in einem ganz anderen Zusammenhang. Deutlich werde das am Fall zweier Männer, die vergangenen Freitag in Göttingen festgenommen wurden. Der Nigerianer und der Algerier stehen im Verdacht, der Salafistenszene anzugehören und womöglich einen Anschlag vorbereitet zu haben. Die Polizei hatte Wohnungen durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Nun muss untersucht werden, ob das Material reicht für ein Ermittlungsverfahren und Untersuchungshaft. Falls nicht, müssten die beiden wieder laufen gelassen werden. Ob eine Rückführung nach Algerien und Nigeria in Betracht kommt, hängt nun wieder von anderen Umständen ab – etwa der Bereitschaft der beiden Länder und der Vollständigkeit der Papiere. „An diesem konkreten Fall wird deutlich, dass vier Tage zur Untersuchung zu knapp sind – denn dann hätten die beiden nach einer Festnahme am Freitag am Dienstag schon wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen“, erklärt Oetjen. Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte mehrere Reformen, die Rot-Grün zunächst am Polizeigesetz vornehmen wollte, wieder einkassiert. An der veränderten Frist für den Unterbindungsgewahrsam will Rot-Grün allerdings bisher strikt festhalten.
Die FDP-Landtagsfraktion hat in ihrer Klausurtagung vor allem innenpolitische Reformvorschläge entwickelt. „Rechtsstaat und innere Sicherheit gehören zur DNA der FDP“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Die Nachwuchsgewinnung für die Polizei sei schwierig, da zum einen nur ein Teil der Bewerber in die engere Auswahl vordringt und viele die dreijährige Ausbildung nicht durchhalten. Die FDP schlägt nun vor, künftig auch Realschulabgänger in den Polizeidienst einzustellen, sie könnten über eine „duale Ausbildung“ an den Landesdienst gebunden werden und eine Art Fachhochschulausbildung absolvieren. Diese Polizisten sollten gleichwohl im gehobenen Dienst beschäftigt werden. Daneben soll es wieder möglich werden, den direkten Einstieg in eine Ausbildung zum Kriminalpolizisten zu beginnen. Dies war bis zur großen rot-grünen Polizeireform von 1994 noch so geregelt.
Die FDP plädiert zudem für eine Stärkung des Bundeskriminalamtes in der Terrorabwehr und für die Vereinigung der bisher 16 Landes-Verfassungsschutzämter auf „vier bis sechs“. Niedersachsen könne der Kopf eines norddeutschen Verfassungsschutzes werden. Europol solle „zu einer Art europäischem Bundeskriminalamt fortentwickelt“ werden. Als Gast in der FDP-Klausurtagung trat der frühere Generalbundesanwalt Harald Range auf. Er plädierte dafür, den Begriff des „Gefährders“ künftig im Gesetz „gerichtsfest“ zu regeln: „Die Übergänge zum Verdächtigen müssen klar beschrieben werden.“