Im Streit um die Frage, ob sich die rot-grüne Landesregierung 2015 eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil vorher beim VW-Konzern gegenlesen ließ, legt die FDP-Landtagsfraktion jetzt nach. „Es geht um den Verdacht, dass die Staatskanzlei den Landtag damals nicht korrekt unterrichtet hat. Dieser Verdacht ist nach wie vor nicht ausgeräumt – es gibt im Gegenteil neue Hinweise“, sagte der FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner gestern vor Journalisten in Hannover. Er räumte zugleich ein, dass die wesentliche Kritik seiner Partei an den Vorgängen in den vergangenen Tagen in der Berichterstattung keine Rolle gespielt habe – da die Debatte von anderen Dingen überlagert gewesen sei. Die „Bild am Sonntag“ hatte am vergangenen Wochenende dargelegt, dass es nicht nur eine Abstimmung von Textpassagen mit dem Konzern gegeben habe. Vielmehr seien nach den Worten eines nicht genannten Mitarbeiters Passagen in Weils Erklärung „umgeschrieben und weichgespült“ worden. Wenig später wurde ein über einen Textvergleich deutlich, dass die Landesregierung in der Regierungserklärung mehrere Formulierungsvorschläge von VW nicht übernommen habe. Außerdem wurde bekannt und vor allem vom NDR ausführlich berichtet, dass es schon zu CDU/FDP-Regierungszeiten enge Abstimmungen in den Veröffentlichungen zwischen Landesregierung und VW gegeben habe.

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Birkner sagte jetzt, die FDP richte ihre Kritik gar nicht auf die Abstimmung von Publikationen zwischen Landesregierung und Autokonzern. Dies sei sogar richtig und sinnvoll, nach dem Aktienrecht könne es auch geboten sein – zumal Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzen. Es gehe der FDP um etwas anderes: nämlich den durch die „Bild am Sonntag“-Veröffentlichung neu entstandenen Verdacht, die Landesregierung könne 2015 über die damaligen Vorgänge nicht vollständig berichtet haben.

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Tatsächlich hat der Fall eine Vorgeschichte: 2015 hatte sich die FDP im Landtag erkundigt, ob es vor der fraglichen Regierungserklärung zu VW Kontakte mit dem Konzern gegeben hatte. Die Regierung antwortete darauf nicht, woraufhin FDP-Landtagsabgeordnete Klage beim Staatsgerichtshof einreichten – denn laut Verfassung ist die Regierung gegenüber dem Landtag zu einer unverzüglichen Antwort verpflichtet. Danach verständigten sich beide Seiten, in einer vertraulichen Wirtschaftsausschusssitzung über die Vorgänge zu unterrichten, was dann auch geschehen sei. Daraufhin schlossen Staatskanzlei und FDP im September 2016 einen Vergleich – die Regierung verspricht eine laufende Unterrichtung im Ausschuss, die FDP zieht dafür ihre Klage zurück. „Der Bericht in der ,Bild am Sonntag‘ weckt nun aber den Verdacht, es habe schon früher als bisher von der Regierung zugestanden Kontaktaufnahmen zu VW gegeben. Wenn das so zutreffend sein sollte, hat uns die Staatskanzlei hinter die Fichte geführt“, sagt nun Birkner. Die Mail von Regierungssprecherin Anke Pörksen an den VW-Kommunikationschef Thomas Steg habe sich nicht in den Akten befunden.

 

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Birkner betonte, dass die FDP zu der 20-prozentigen Beteiligung des Landes Niedersachsen an VW stehe. Zwar habe sich Parteichef Christian Linder für den Rückzug des Landes ausgesprochen. „Doch es gibt für die Umsetzung dieses Ziels in Niedersachsen keinen politischen Partner. Außerdem wäre es der falsche Zeitpunkt, da das Unternehmen gegenwärtig eine Stabilisierung nötig hat“, sagte Birkner.