Linda Teuteberg, neue Generalsekretärin der FDP, äußert sich im Interview mit dem Politikjournal Rundblick zu Fragen der Strukturförderung, zu den Rufen nach einem Paritätsgesetz und zu den aktuellen Umfragen für ihre Partei.

Selfie mit Generalsekretärin: Linda Teuteberg mit Klaus Wallbaum und Martin Brüning vom Politikjournal Rundblick – Foto: MB.

Rundblick: Frau Teuteberg, Sie kommen aus Ostdeutschland, einem Landstrich mit vielen Problemen, die größer scheinen als die in Westdeutschland. Was kann man tun, damit sich die Spaltung zwischen reichen und ärmeren Regionen nicht verschärft in der Bundesrepublik? Sollte man gezielt Behörden in schwächeren Gegenden ansiedeln – etwa in Ostdeutschland oder, auf Niedersachsen bezogen, etwa im Süden des Landes?

Teuteberg: Ich halte das eher für ein Ablenkungsmanöver. Ich hätte zwar nichts dagegen, wenn es mehr Standorte von Behörden auch in strukturschwachen Gegenden gäbe. Aber das kann nicht die eigentliche Lösung sein. Als Brandenburgerin weiß ich, dass sich gerade in den sogenannten neuen Bundesländern Probleme ballen. Aber wenn es um die Antworten geht, müssen wir doch ehrlich sein – es geht nicht um neue Behörden, sondern um eine neue Wertschöpfung, um die Herstellung neuer Produkte und um neue Branchen, in denen die Menschen dann wieder Geld verdienen können. Im Osten Deutschlands sind die Probleme in einer größeren Schnelligkeit und Dramatik sichtbar. Aber was wir dort tun müssen,  ist auch in den anderen Teilen der Republik der richtige Ansatz. Die Entlastung der arbeitenden Mitte ist wichtig, auch eine schnellere Digitalisierung. Das kann zuerst im Osten passieren, ist aber in ganz Deutschland wichtig und notwendig. Zur Wahrheit gehört auch, dass wir im Osten tolle Universitätsstädte mit hervorragenden Instituten haben. Wir müssen uns aber Mühe geben, dass die Studenten nach Ende ihres Studiums in der Region bleiben und sich dort engagieren.

Mit der Verlagerung von Behörden können nicht die zugrunde liegenden Defizite beseitigt werden.

Rundblick: Also sind Sie nicht für ein Förderprogramm zugunsten strukturschwacher Regionen?

Teuteberg: Das beste Förderprogramm besteht darin, die Kräfte der Menschen zu wecken. Mit der Verlagerung von Behörden können deshalb nicht die zugrunde liegenden Defizite beseitigt werden. Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sich neue Unternehmen ansiedeln und bestehende Unternehmen wachsen können.

Rundblick: Wieso ist die FDP mit diesen Botschaften nicht so durchschlagend, wie es die Grünen mit ihren Positionen und mit Robert Habeck sind? Die jüngsten Umfragen vor der Europawahl zeigen keinen starken Aufschwung für die FDP – dabei war diese Hoffnung mit ihrem Aufstieg als Generalsekretärin verbunden…

Teuteberg: Ich schiele nicht ständig nach den neuesten Umfragen. Eine Partei ist glaubwürdig, wenn sie ihre Positionen klar und deutlich vertritt – unabhängig von aktuellen Stimmungen. Wir sind im Bundestag gut aufgestellt, haben dort gute Leute und ein überzeugendes Programm. Wenn Sie den Erfolg von Robert Habeck bei den Grünen ansprechen, dann liegt dieser womöglich auch an der schlichten Tatsache, dass er schwierige Vorgänge stark vereinfacht präsentiert und dafür Aufmerksamkeit findet. Es ist einfacher, mit einer Position, die bewusst auf Komplexität verzichtet, Aufmerksamkeit zu erhalten. Wir tun gut daran, unsere Positionen glaubwürdig zu vertreten, den richtigen Ton zu treffen und dafür Gehör zu finden – ohne uns anzubiedern.

Rundblick: Gerade wenige Tage vor der Europawahl stellt sich doch für Sie die Frage: Mit welchen Themen spitzen wir zu, wo wollen wir die Wähler abholen?

Teuteberg: Das ist die Außenpolitik mit den aktuellen Problemen. Der Iran ist dafür nur ein Beispiel. Europa darf sich nicht erpressen lassen, wir müssen gemeinsam agieren und mit einer Stimme sprechen. Wir müssen auch unsere Verteidigungsfähigkeit erhöhen, das fängt bei der gemeinsamen Beschaffung der Ausrüstung an und geht weiter damit, gemeinsam Einsätze zu organisieren. Der UN-Flüchtlingskommissar hat kürzlich festgestellt, dass Europa nicht gut vorbereitet ist auf mögliche neue Flüchtlingskrisen. Hier muss etwas geschehen.

Ich bin gegen ein Paritätsgesetz, das Wahlergebnisse vorgibt und Parteien und Wählern unserer Ansicht nach verfassungswidrig Vorgaben für die Besetzung des Parlaments diktiert.

Rundblick: Ihre Wahl zur Generalsekretärin wurde in der Partei mit der Hoffnung verknüpft, dass die Frauenförderung künftig dort eine größere Rolle spielt. Was werden Sie tun? Unterstützen Sie ein Paritätsgesetz, das den gleichen weiblichen und männlichen Anteil an Parlamentariern vorgibt?

Teuteberg: Ich bin gegen ein Paritätsgesetz, das Wahlergebnisse vorgibt und Parteien und Wählern unserer Ansicht nach verfassungswidrig Vorgaben für die Besetzung des Parlaments diktiert. Frauenförderung ist gleichwohl ein wichtiges Anliegen. Die Begabungen sind unter Frauen und Männern gleichermaßen verteilt und doch gibt es ein starkes männliches Übergewicht in der Politik und auch in der Wirtschaft. Gemischte Teams, in denen Männer und Frauen zusammenarbeiten, aber auch Menschen verschiedenen Alters und verschiedener Berufsgruppen, sind produktiver. Wir Freie Demokraten empfinden es als eine Führungsaufgabe, mehr Vielfalt auf unseren Listen zu fördern. Wir haben uns für flexible Zielvereinbarungen zur Frauenförderung entschieden, die eine freie Entscheidung bei Kandidaturen und Wahlen nicht einschränken. Wenn diese den Gegebenheiten vor Ort angepassten Ziele in den Parteigliederungen nicht erreicht werden sollten, können wir schauen, woran es gelegen hat und wie wir nachsteuern können – auf jeden Fall aber schränken wir die freie Wahlentscheidung nicht ein.

Rundblick: Brauchen wir eine Frauenquote in der Wirtschaft, beispielsweise bei Unternehmensvorständen?

Teuteberg: Jedes Unternehmen tut gut daran, fähige Frauen für führende Positionen zu rekrutieren. Aber der Staat hat nicht die Aufgabe, in die Entscheidungs- und Vertragsfreiheit einzugreifen.