Könnte der Brexit den Norden Europas bei künftigen Abstimmungen schwächen und Südeuropa mehr Durchsetzungsmöglichkeiten bescheren? Christian Dürr, FDP-Fraktionsvize im Bundestag, geht davon aus, dass es so kommen wird. Niedersachsens Europaministerin Birgit Honé sieht diese Gefahr nicht.

Christian Dürr und Birgit Honé

Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass Staaten, die etwas mehr als 35 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, eine Sperrminorität haben. Durch den Brexit sinke der Anteil des Nordens allerdings auf 30 Prozent, rechnet Dürr. Damit würden gerade die Staaten, die sich traditionell einer Zurückhaltung bei öffentlichen Ausgaben verpflichtet sähen, geschwächt. Der FDP-Politiker befürchtet, dass die Südländer Europa in Richtung einer Transferunion schieben könnten. „Die Berechnungen, die Herr Dürr aufstellt, sind mathematisch korrekt. Die politischen Folgen, die er davon ableitet, sind aber alles andere als zwangsläufig“, meint dagegen Honé. Die Verhandlungen seien wesentlich komplexer, häufig komme es zu Paketlösungen. Zudem könne Deutschland nach wie vor aufgrund seines ökonomischen und politischen Gewichts nicht einfach überstimmt werden.


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Der Vorstoß von Dürr ziele auf eine Neuverhandlung der EU-Verträge ab. „Vor dem Hintergrund der laufenden Brexit-Verhandlungen und dem anstehenden Brexit selbst dürften solche Vorstöße die europäische Position in den Verhandlungen mit den Briten schwächen“, warnt die Europaministerin. Dafür hat Dürr kein Verständnis. „Das ist eine Haltung aus Angst vor Veränderung.“ Es sei geradezu naiv, wenn man die politische Realität in der Europäischen Union nach dem Brexit versuche zu ignorieren – insbesondere dann, wenn sich diese Realität so negativ auf Deutschland auswirken könne.