FDP befürchtet, die Wolfspolitik könne den Trend zum Populismus noch verstärken
Die FDP im Landtag hat die Landesregierung heftig kritisiert, weil ihrer Ansicht nach das Vorgehen gegen den Wolf viel zu zögerlich und zu langsam ist. „Wenn die Menschen in einigen ländlichen Regionen feststellen, dass erst 40 Weidetiere gerissen werden, bevor die Politik handelt, dann ist das leichtfertig. Es verstärkt den bei vielen Leuten vorherrschenden Eindruck, dass die Politik in Deutschland handlungsunfähig ist und auf die Probleme nicht reagieren kann. Das ist vor allem in Zeiten wachsender populistischer Bewegungen ein Problem“, betont der FDP-Fraktionschef im Landtag, Stefan Birkner.
Da die Fraktion im Landtag nicht zuschauen wolle, wie schwerfällig sich alles entwickele, hat sie jetzt den Erlass einer „Wolfsverordnung“ beantragt. Per Beschluss im Landtag solle die Landesregierung aufgefordert werden, eine solche Verordnung zu verfügen. Sie wirke dann zum Schutz vor Wölfen in bestimmten Situationen. So solle auf eine Wolf geschossen werden können, wenn dieser in eine umzäunte Weide eingedrungen ist – oder dann, wenn er eine „unmittelbare Gefahr“ für nicht umzäunte Nutztierherden, besiedelte Gebiete oder bewohnte Hofstellen darstelle. Der Vorzug einer solchen Regelung sei, dass sie schon vor Abschluss der Diskussion über die Frage zu verhängen wäre, ob der Wolf ins Jagdrecht übernommen wird (also grundsätzlich erschossen werden darf) oder nicht. Die Einschränkung ist jedoch, dass die Jäger nur in eng begrenzten, besonderen Situationen handeln können.
Mit dem gezielten Abschuss nur eines auffälligen Tieres ändert sich an dieser Situation vermutlich gar nichts.
Nach Vorstellung der FDP wären die Jagdberechtigten der jeweiligen Region nach Erlass einer solchen Verordnung automatisch frei, danach zu handeln. Eine behördliche Anweisung oder Einschränkung bestünde demnach also nicht. Allerdings müsste nach jedem Schuss auf einen Wolf die Jagdbehörde informiert werden. Die rechtliche Begründung ergibt sich laut Birkner aus Paragraph 45 des Bundesnaturschutzgesetzes, das Ausnahmen für den Schutz bestimmter Tiere erlaubt – bei einem andernfalls drohenden erheblichen wirtschaftlichen Schaden, Nachteilen für Menschen und die innere Sicherheit oder bei sonstigen „zwingenden öffentlichen Interessen“.
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Birkner sagt, dass es eine ähnliche Regelung schon beim Abschuss der Kormorane gebe – mit Blick auf den Schutz der Fischereiwirtschaft. Hier gehe es nun um den Schutz der Landwirtschaft. Die von der FDP jetzt angepeilte Verordnung dürfte allerdings, sofern die Landtagsmehrheit sich der Forderung anschließen sollte, nur für einen eng begrenzten Rahmen gelten, nämlich bei einer realen Gefahr. Die unter dem Stichwort „Wolfspolitik“ diskutierte Erlaubnis zum Abschuss von Wölfen behandelt eher die Frage, ob die Population irgendwann so stark zunimmt, dass Jäger unabhängig von konkreten Situationen das Recht haben sollten, Wölfe zu erlegen.
In diese Richtung argumentiert nun vor allem der FDP-Agrarpolitiker Hermann Grupe. Er meint, dass es besser gewesen wäre, den Wolf schon vor Jahren ins Jagdrecht zu übernehmen – trotz der dann vermutlich zwangsläufigen Folge, dass er gleichzeitig ganzjährig unter Schutz gestellt worden wäre. Dies wäre aber ein Signal gewesen, so Grupe, dass die Politik zum Handeln entschlossen ist. Im Fall des Rüden aus Rodewald (Kreis Nienburg) sei mittlerweile klar, dass die Tiere des Rudels seit April 2018 Rinder auf den Weiden anfallen, im August 2018 sei das Rudel in einen Stall eingedrungen. Aber erst nach 26 Übergriffen mit 47 getöteten Tieren habe Umweltminister Olaf Lies im August 2018 die „Entnahme“ der Wölfe befürwortet.
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Nach langem gerichtlichen Hin und Her sei nun erst Ende vergangener Woche das Okay zum Abschuss gekommen – nun bleibe aber nur bis übermorgen Zeit, diese Tat zu vollbringen. „Da muss man sich doch veräppelt fühlen“, sagt Grupe. Der FDP-Agrarpolitiker befürchtet eine stark steigende Zahl der Wölfe in Deutschland. Wenn es derzeit 1000 Tiere seien, dann würde man nächstes Jahr schon 1300 haben – und in fünf Jahren mehr als 3700. „Mit dem gezielten Abschuss nur eines auffälligen Tieres ändert sich an dieser Situation vermutlich gar nichts“, meint Grupe.