Sollen Straftäter künftig auch mit einem Fahrverbot anstatt mit einer Geldzahlung oder Haft bestraft werden? Auf Bundesebene tastet sich die Politik langsam an das Thema heran, die Bundesregierung hat im Dezember einem Gesetzesentwurf dazu beschlossen. Der niedersächsischen FDP passt die Option dagegen gar nicht, weshalb sie über den Landtag die Landesregierung dazu auffordern wollte, sich im Bundesrat gegen die Aufnahme des Fahrverbots in den Sanktionskatalog zu stemmen. CDU, SPD und Grüne lehnten das zwar ab, doch eine gemeinsame Haltung in der Sache haben sie nicht. Und auch innerhalb der Fraktionen gibt es offenbar Verfechter beider Seiten.

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„Das ist eine Frage der rechtlichen Einschätzung und keine der Parteigesinnung“, formulierte es die SPD-Abgeordnete Kathrin Wahlmann in der Landtagsdebatte. Sollen Fahrverbote auch für Straftaten verhängt werden dürfen, die gar nichts mit Fahrzeugen und Verkehr zu tun haben? Bei Rot-Grün gibt es dazu keine klare Linie. Es überwiegt sogar eher dies Skepsis. „Es ist gut, dass wir über Sanktionsformen neben Haft und Geldstrafe sprechen, aber ein Fahrverbot, das mit der Tat nichts zu tun hat, halten wir für verfehlt“, sagte der Grünen-Vertreter Helge Limburg.

Ein „Sonderstrafrecht für Menschen mit Führerschein“? An einem Fahrverbot für Kriminelle gibt es viel Kritik – Foto: Jakob Brüning

Wahlmann zeigte Verständnis für die Argumente der Befürworter. Junge Täter ließen sich eher zum Nachdenken bringen, wenn man ihnen das Auto als Symbol der Freiheit nähme. „Eine Geldstrafe dagegen bekommen viele jugendliche Täter kaum zu spüren, weil die Eltern bezahlen“, sagt die SPD-Abgeordnete. Doch aus ihrer Sicht sprächen mehr Argumente gegen ein Fahrverbot als allgemeine Sanktion. „Der aktuelle Gesetzesentwurf der Großen Koalition sieht damit quasi ein Sonderstrafrecht für Menschen mit Führerschein vor“, sagte die Juristin. Das könnte dazu führen, dass Straftäter mit Führerschein in Freiheit bleiben könnten, während Täter ohne Fahrerlaubnis wegen der gleichen Tat ins Gefängnis müssten.

Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz ist ebenfalls auf der Seite der Skeptiker: „Ich halte es für riskant, denn wenn diese Tür einmal geöffnet ist, kann sie möglicherweise nur schwer wieder geschlossen werden.“ Sie argumentierte, wenn die Fahrerlaubnis als Strafe einbehalten werden kann, so könnte das im nächsten Schritt der Jagdschein oder die Gewerbeerlaubnis sein. Dennoch müsse man über Alternativen zur Haft- und Geldstrafe sprechen und da dürfe es keine Denkverbote geben. Auch die CDU wollte den Antrag der FDP nicht unterstützen, der Abgeordnete Christian Calderone stellte sich in der Sache aber auch auf die Seite der Befürworter. „Die Auswirkungen einer Strafe sind individuell immer verschieden“, sagte er.

Während Wohlhabende mit einer Geldstrafe schwer zu beeindrucken seien, bedeute sie für Menschen mit wenig Einkommen einen empfindlichen Einschnitt in die finanzielle Situation. „Wir haben schon bei den bestehenden Strafen eine Ungleichheit“, sagte Calderone. Daher sei das Argument der FDP, das Fahrverbot als Sanktion würde vor allem Berufspendler und Menschen auf dem Land benachteiligen, nur begrenzt gültig. Der FDP-Abgeordnete Marco Genthe hatte diesen Punkt als einer der Gründe für den Antrag genannt. Zudem bemängelt er, anders als Geld- und Haftstrafen seien Fahrverbote nur schlecht zu kontrollieren. „Es fehlt schlicht ein empirischer Beweis, dass Fahrverbote als Strafe für allgemeine Delikte wirksam sind“, sagte der Jurist.

In der Politik herrscht noch Uneinigkeit über das Ausdehnen von Fahrverboten als Strafe über Verkehrsdelikte hinaus, doch in einigen wenigen Bereichen wird das heute sogar schon getan – mithilfe von juristischen Winkelzügen. Beispielsweise in der Fußballkriminalität. Hooligans etwa kann bei mittelschweren Delikten wie Körperverletzung und Sachbeschädigung für einige Zeit der Führerschein weggenommen werden, obwohl ihre Tat nichts mit dem Straßenverkehr zu tun hatte. Die Begründung lautet: Wer nicht in der Lage ist, seine Emotionen bei einem Fußballspiel unter Kontrolle zu halten, der stellt auch im emotional bewegenden Straßenverkehr ein Risiko dar.