Fachkräftemangel: Unternehmen auf dem Land schlagen Alarm
In Niedersachsen schlagen die Unternehmen auf dem Land Alarm: Für sie wird es immer schwieriger, neue Fachkräfte zu gewinnen. Inzwischen geben 79 Prozent der Unternehmen auf dem Land an, frei werdende Stellen nur noch schwer mit Fachkräften nachbesetzen zu können. Das geht aus einer Umfrage des Verbandes Niedersachsenmetall hervor. Zum Vergleich: In den Städten leiden 48 Prozent der Unternehmen unter dem Fachkräftemangel. „Aktuell fehlen in der Metall- und Elektroindustrie in Niedersachsen 30.000 Fachkräfte“, sagte Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall. Ein Drittel der Unternehmen auf dem Land gibt als Grund für das Problem an, es sei schwierig, Bewerber in die eigene Region zu locken.
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Gerade im ländlichen Raum müssten die Unternehmen bei der Digitalisierung Anschluss halten können. Dabei gehe es auch um den Breitbandausbau. „Wir müssen die digitale Spaltung Niedersachsens verhindern“, sagte Schmidt. Es dürfe keinen Bruch zwischen Ballungsraum und ländlichem Gebiet geben. Beim Breitbandausbau liege Niedersachsen im bundesweiten Vergleich zwar etwas über dem Durchschnitt. Dennoch wünscht sich Schmidt hier ein klares politisches und engagiertes Ziel. „Man könnte zum Beispiel als Absicht formulieren: In Niedersachsen soll es bis zum Jahr 2025 die bestmögliche Versorgung unter allen Bundesländern geben.“ Seiner Meinung nach wäre es gut, den Blick wieder stärker auf andere Bundesländer zu richten. Es gebe inzwischen zu wenig Wettbewerb zwischen den Standorten.
Für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und die Perspektiven der Unternehmen auf dem Land seien auch die Berufsschulen ein wichtiger Faktor. „Berufsschulen waren früher Vorzeigeschulen. Heute sprechen einzelne Unternehmer von einem modernen Antiquariat“, berichtete Schmidt. Es fehlten Lehrer, Breitband sei oftmals nicht vorhanden und der Job sei möglicherweise für viele auch unattraktiv – das müsse sich ändern. „Berufsschulen sollten an die Breitbandinfrastruktur angeschlossen werden und modernste Software bekommen. Außerdem muss für den Beruf des Berufsschullehrers geworben werden“, fordert Schmidt. In der Niedersachsenmetall-Umfrage bewerten gerade die Unternehmen auf dem Land die Berufsschulen deutlich schlechter. Sie vergeben im Durchschnitt bei der Qualitätsbewertung die Note 3,1, die Firmen in den Städten benoten die Berufsschulen mit 2,4.
Sowohl der Brexit als auch die US-Präsidentschaft Donald Trumps bringen die Industrie in Niedersachsen derweil nicht aus der Ruhe. In der Konjunkturumfrage des Verbandes, an der sich 650 Unternehmen beteiligt hatten, erwarten 38 Prozent der Unternehmen eine steigende Produktion und rund ein Viertel rechnet mit einem Zuwachs bei den Mitarbeitern. Zudem erwarten nur zwölf Prozent der Unternehmen schlechtere Exportaussichten. „Es gibt keine Panikreaktionen auf Donald Trump“, sagte Schmidt und erläuterte das Selbstbewusstsein der Industrie in Niedersachsen. Die Amerikaner seien schließlich auch zwingend auf Investitionsgüter aus Deutschland angewiesen. „Die USA brauchen den deutschen Maschinenbau und die deutsche Elektroindustrie, weil die Branche dort kaum noch ernsthaft wettbewerbsfähig ist. Die Amerikaner haben über Jahrzehnte hinweg ihre Industrie vernachlässigt und haben sich schon seit den 80er Jahren auf Dienstleistungen fokussiert“, so Schmidt. Die Amerikaner hätten von der deutschen Industrie massiv profitiert. „Hätte es die deutschen Investitionen in den USA nicht gegeben, wären die Amerikaner auf dem Weg zu einem industriellen Entwicklungsland.“
US-Präsident Donald Trump könne mit Importbarrieren keine neuen Arbeitsplätze in der Industrie aus dem Boden stampfen. Das Tohuwabohu, das er veranstalte, sei alles andere als geeignet, um Investitions- und Planungssicherheit zu geben. „Trump hebt den Begriff ‚Voodoo-Ökonomie‘ gerade auf ein ganz neues Level“, so Schmidt. Der Kurs des US-Präsidenten würde das glatte Gegenteil bewirken, was er den Amerikanern verspricht.