Verkehrsexperten bewerten die geplanten Schnellbuslinien in Niedersachsen skeptisch. Das Land will mit einem Förderprogramm in Höhe von zehn Millionen Euro erreichen, dass Mittelzentren mit Schnellbussen besser miteinander verbunden werden. Schwerpunkt sollen Strecken sein, auf denen es keine ausreichende Bahnverbindung gibt. In einer Studie waren dafür 35 potenzielle Schnellbus-Strecken untersucht worden. Experten halten viele der Strecken aber für unrealistisch, weil es dort oftmals nur wenig Bewegung gebe. Wer mehr Angebot schaffe, der schaffe nicht automatisch mehr Nachfrage. Das Fahrgastaufkommen werde auf solchen Strecken vermutlich nur minimal steigen. Daher sei es zweifelhaft, ob sich die kommunalen Aufgabenträger längerfristig auf ein solches Kostenrisiko einlassen wollten. Es sei auch unklar, ob seitens der Kunden überhaupt der Bedarf gesehen werde.

https://soundcloud.com/user-385595761/neue-schnellbuslinien-experten-sind-skeptisch

Als Beispiel hierfür gilt die 23 Kilometer lange Verbindung zwischen Nordhorn und Lingen, die in der Studie ebenfalls geprüft worden war. Auf der Strecke fährt bereits eine Linie, allerdings nicht ganz nach den Vorgaben des Wirtschaftsministeriums für eine Förderung. So fährt sie zum Beispiel statt zwischen 6 und 23 Uhr nur zwischen 7 und 19 Uhr im Stundentakt. Auch die Zahl der Haltestellen ist höher als sie es bei einer Schnellbuslinie wäre. Auswirkungen auf die Fahrzeit hat das offensichtlich nicht. Die aktuelle Linien braucht 29 Minuten, für die Schnellbuslinie werden ebenfalls 29 Minuten errechnet. Die potenziellen Fahrgäste kommen in einer Umfrage der Grafschafter Nachrichten daher auch zu einem eindeutigen Urteil: 71 Prozent halten auf der Strecke eine Landesbuslinien nicht für notwendig.

Lesen Sie auch:

 

Auch beim Niedersächsischen Landkreistag (NLT) ist Skepsis herauszuhören. Er verweist zwar darauf, dass die geplante Förderhöhe nach Hinweisen des NLT von 70 auf 98 Cent pro Fahrplankilometer erhöht worden sei. „Ob die angebotene Förderung auskömmlich ist, werden die ÖPNV-Aufgabenträger, bezogen auf die jeweilige in Frage kommende Buslinie prüfen müssen“, heißt es in der aktuellen Verbandszeitschrift. NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer warnt vor zu hohen Erwartungen. „Ich wäre zufrieden, wenn wir zu Beginn vier bis fünf neue Linien bekommen“, sagt Meyer im Gespräch mit dem Rundblick. Dennoch könne die Förderung für einzelne Linien ein interessantes zusätzliches Angebot sein. Beim Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) findet man es positiv, dass das Wirtschaftsministerium mehr Geld in den Öffentlichen Personennahverkehr investieren möchte. „Das kann in einzelnen, abgeschiedeneren Regionen eine sinnvolle Ergänzung sein“, sagt Michael Kaiser, Geschäftsführer der Fachvereinigung Omnibus und Touristik im GVN. Ob es in der Breite zu größeren Veränderungen führt, bleibe dagegen abzuwarten.

https://soundcloud.com/user-385595761/niedersachsen-plant-neue-schnellbuslinien

Für die Förderung sind bestimmte Vorgaben zu erfüllen. Neben dem wöchentlichen Stundentakt von 6 bis 23 Uhr sind zum Beispiel WLAN und eine Klimaanlage an Bord des Busses vorgeschrieben. NLT-Chef Hubert Meyer hält die vorgegebenen Standards für ein Stück weit zu streng. „Wir hätten uns da ein bisschen mehr Flexibilität gewünscht“, sagt er. Dennoch müsse man es jetzt erst einmal anlaufen lassen. Nach einem gewissen Zeitraum sei dann zu prüfen, ob und an welchen Stellen man nachsteuern könne.