Experte kritisiert VW-Pläne für ein „Fabrikchen“
Vor wenigen Tagen präsentierte Volkswagen das Facelift des aktuellen VW Golf. Die Farbe des auf vielen Fotos gezeigten Modells erinnerte ein wenig an das Gelb der 70er Jahre. Alles, was unter dem Blech steckt, hat allerdings nichts mehr mit den 70ern zu tun – angefangen von neuen Sicherheitssystemen bis hin zum brandneuen Infotainmentsystem im Cockpit.
Das ist die Gegenwart – in Wolfsburg befasst sich der Aufsichtsrat des Autobauers heute mit der Zukunft. Dabei geht es um die Investitionen der nächsten fünf Jahre. Schwieriger dürfte allerdings die Frage sein, an welchen Stellen man Geld sparen möchte. Gut möglich, dass einige Budgetentscheidungen heute noch nicht getroffen werden können – der Betriebsrat will sich, wie so oft bei Volkswagen, nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.
Trotz des Diesel-Skandals sehen Experten gute Entwicklungsperspektiven für VW. Zwar drohten Volkswagen durch den Skandal Kosten von bis zu 35 Milliarden Euro und deshalb werde es auf der Aufsichtsratssitzung auch um Kosteneinsparungen gehen, meint Frank Schwope, Autoanalyst bei der NordLB. „Allerdings ist VW ein riesiger Konzern mit hoher Nettoliquidität, der auch in diesem Jahr aus dem laufenden Geschäft wieder Milliardenbeträge verdient. Zudem werden sich die Kosten aus dem Dieselkanal über die nächsten fünf bis zehn Jahre erstrecken.“
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Schwope hält Investitionen in Elektromobilität für sinnvoll. „Ich gehe stark davon aus, dass sich Elektrofahrzeuge ab den 2020er-Jahren durchsetzen werden. Dabei spielt zum einen die mögliche Entwicklung des Ölpreises eine Rolle und zum anderen die Entwicklung in China. Dort werden Elektrofahrzeuge künftig stärker bevorzugt. Die deutschen Autobauer müssen sich anstrengen, dabei zu sein.“
Helmut Becker, Direktor, des Münchner Institut für Wirtschaftsanalyse spricht in Bezug auf den Dieselskandal von einer Riesenbürde für Volkswagen. „Das bekommt der Konzern natürlich geschultert, das ist für VW kein nachhaltiges Problem. Allerdings sollte Volkswagen die Lage nutzen, um notwendige interne Reformen umzusetzen“, sagt Becker im Gespräch mit dem Rundblick. Wenn es einem Unternehmen gut gehe, bekomme man nichts bewegt. In so einer Situation seien aber alle bereit, Umorganisationen hinzunehmen. Das könnten zum Beispiel auch Entscheidungen sein, Produktionen stillzulegen.
Von der Idee einer eigenen Batteriefabrik hält Becker deshalb auch überhaupt nichts. „Wir essen schließlich auch Bananen und stellen keine Bananen her.“ Deshalb brauche VW auch nicht notwendigerweise eine Batteriefabrik, denn die Batterien würden nachweislich günstiger in Asien oder bei Tesla-Gründer Elon Musk in den USA hergestellt. Die vieldiskutierte Batteriefabrik sei ein Feigenblatt, um Aktivitäten zu zeigen. „In der Realität ist das nur ein hochautomatisiertes ‚Fabrikchen‘. Da entstehen keine Arbeitsplätze“, so Becker und er fügt hinzu: „Aus Mangel an Elektrobatterien wird in Deutschland kein Auto nicht gebaut werden.“ Auch BMW-Chef Harald Krüger hatte sich in Bezug auf eine deutsche Batteriezellen-Produktion in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung eher vorsichtig geäußert. Batteriezellen würden in hochspezialisierten Reinräumen hergestellt, da sei die Zahl der neuen Arbeitsplätze überschaubar.
Krüger ging im selben Interview auch davon aus, dass der Anteil der Verbrennungsmotoren in zehn Jahren immer noch bei rund 80 Prozent liegen wird und sich nur 15 bis 25 Prozent der Kunden für Hybrid- und Elektroautos entscheiden werden. Deshalb warnt Autoexperte Becker Volkswagen auch davor, das Geld allein in die E-Mobilität zu investieren. „Die Musik spielt in den nächsten Jahrzehnten weiter beim Verbrennungsmotor. Das Elektrofahrzeug hat gegenüber dem Auto mit Verbrennungsauto keine Chance beim Kunden“, glaubt Becker. „Volkswagen solle deshalb mit seinem Geld besser seine Verbrennungsmotoren auf Vordermann bringen.“ VW-Markenchef Herbert Diess scheint allerdings auf einem anderen Weg zu sein. Er glaubt daran, dass der Durchbruch in der Elektromobilität in wenigen Jahren die Branche grundlegend verändern wird. Eine wichtige Voraussetzung dafür wäre allerdings die entsprechende Ladeinfrastruktur. Autokonzerne und Raststättenbetreiber legen jetzt vielleicht den wichtigsten Grundstein für den künftigen Erfolg von Elektromobilität: Sie wollen bis 2018 ein flächendeckendes E-Tankstellennetz aufbauen. (MB.)