Selten hat es eine solche Ballung an internationalem Konfliktstoff gegeben, der den freien Welthandel massiv bedroht. „Ich hoffe, dass in dieser Situation die Nüchternheit und die Vernunft siegen werden“, sagt Bernd Lange (SPD) aus Hannover, niedersächsischer EU-Abgeordneter und Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im EU-Parlament. Die Entwicklungen in China und auch in Großbritannien lassen ihn die Lage eher zuversichtlich einschätzen, sagt er, mit Blick auf nationalistische Tendenzen und Abschottungspolitik im Umfeld von US-Präsident Donald Trump aber überwiege die Skepsis. Sobald es zu Einschränkungen im Handel mit diesen drei Ländern kommen sollte, könne die niedersächsische Wirtschaft stark davon betroffen sein.

In der Trump-Umgebung lodert laut Bernd Lange ein Konflikt zwischen Freihandelsgegnern und Abschottungsbefürwortern – Foto: Europäisches Parlament

Nach Großbritannien gehen 7,5 Prozent der niedersächsischen Exporte, zur Hälfte geht es um Autos. Zu Beginn des nächsten Jahres starten die EU-Verhandlungen mit London über die Frage, wie sich die Handelsbeziehungen nach dem Brexit entwickeln werden. Bis Oktober müsse man eine Einigung erzielt haben, da das Ergebnis bis zum Inkrafttreten im April 2019 noch alle nationalen Parlamente der EU passiert haben muss. Wenn es keine Verständigung gibt, trete automatisch die Regeln in Kraft, dass ein EU-Außenzoll von zehn Prozent verlangt werden muss. Dies will Lange verhindern. Er wirbt dafür, im Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien auch künftig auf Zölle ganz zu verzichten. Der Austritt aus der EU müsse ja nicht zwingend eine Abkehr von der Zollunion und vom Binnenmarkt bedeuten. Für eine weiterhin enge Kooperation spreche auch die Tatsache, dass die Briten etwa bei ihrer Autoproduktion stark auf Zulieferer und auch auf Arbeitskräfte aus der EU angewiesen seien. Probleme sieht Lange bei Agrarprodukten. Es könne sein, dass London Zölle auf den Import von Schweinefleisch und Geflügel verlangen werde, um die heimischen Bauern zu schützen. Mit Agrarexporten von 821 Millionen Euro ist Großbritannien das zweitgrößte Zielland der Exporte aus der niedersächsischen Ernährungsindustrie.

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China ist laut Lange mit 4,6 Prozent der achtgrößte Export-Partner der niedersächsischen Wirtschaft, auch hier macht die Fahrzeugindustrie fast 40 Prozent der Waren aus. Ein 15-jähriges Übergangsprotokoll, das in Deutschland etwa zum Schutz gegen Dumping-Preise beim Stahl diente, ist ausgelaufen, eine Anschlussregel gibt es noch nicht. Lange sieht mit Sorge, dass China sich immer stärker gegen ausländische Investoren abschottet, während chinesische Investoren hierzulande immer mehr vordringen – jüngst etwa in der Helmstedter Müllverbrennungsanlage EEW. Er sei dafür, den Chinesen stärkere Investitionskontrollen in Deutschland anzudrohen, sollten sie sich nicht im Gegenzug selbst für Investoren aus der EU öffnen. „Die große Keule“ solle man dabei nicht rausholen, meint Lange. Denn die protektionistischen Strömungen in den USA führten dazu, dass auch die Chinesen wieder mehr Interesse an einer engeren Kooperation mit der EU zeigten. „Sie wollen die Lücke füllen, die der Rückzug der USA aus dem Welthandel aufreißt.“

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Die USA bereiten dem EU-Handelspolitiker, wie er sagt, derzeit das größte Kopfzerbrechen. In der Umgebung von Präsident Trump würden Freihandelsbefürworter und Abschottungspolitiker einen Machtkampf austragen. Das zeige sich dann an absurden Entscheidungen wie den Einfuhrzöllen für Stahl, von dem die Salzgitter AG betroffen ist. Mit 6,8 Prozent der niedersächsischen Exporte seien die USA der viertgrößte Handelspartner. Lange erwartet, dass die US-Administration den Protektionismus noch verstärken könne, er befürworte in diesem Fall ein WTO-Klageverfahren, das allerdings zwei Jahre bis zur Entscheidung brauche. Der EU-Abwehrmechanismus gegen Rindfleisch, das mit künstlichen Hormonen behandelt wurde, könne leicht mit einem Strafzoll für europäische Motorräder beantwortet werden. „Da lodert ein Konflikt“, sagt der SPD-Politiker.