Ein guter Redner ist Bernd Althusmann allemal. Vor einem großen Publikum eine donnernde Ansprache zu halten und dabei den ganz großen Bogen zu spannen – das ist eine seiner Stärken. Einige Beobachter meinen, der CDU-Landesvorsitzende trete zuweilen auch in kleinen Runden so auf, wie es sich eigentlich nur in Großveranstaltungen ziemt. Aber immerhin: In der großen Stadthalle von Braunschweig, in der an diesem Wochenende rund 400 CDU-Parteitagsdelegierte und Gäste zusammenkommen, passen Hauptfigur und Basis gut zusammen. Bis auf den letzten Platz ist der riesigen Raum gefüllt, die Stimmung ist aufgeräumt. Als Althusmann nach vorn tritt für die wichtige Rede unmittelbar vor der Wiederwahl, erntet er durchaus kräftigen Beifall. Anfangs weniger, dann aber mehr.

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Aber ist es ein Jubelfest? Die Resonanz bei den Delegierten ist anfangs leicht unterkühlt und wird dann erkennbar wärmer, aber überbordend ist sie an keiner Stelle, eigentlich gilt das für den ganzen zweitägigen Parteitag. Althusmann startet seine Rede, in der Tagesordnung nüchtern „Bericht des Landesvorsitzenden“ genannt, mit Selbstkritik. Ganz deutlich sagt er zwar nicht, dass er persönlich im zurückliegenden Landtagswahlkampf Fehler begangen hat. Aber Althusmann listet viele Schwachpunkte und Versäumnisse auf, die unbestreitbar in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. „Vielleicht waren wir etwas zu siegesgewiss“, meint er mit Blick auf den Sommer 2017, als die Christdemokraten in den Umfragen noch klar in Führung waren.

CDU beansprucht das Label „Niedersachsen-Partei“

Den Fall Twesten erwähnt der CDU-Chef, die Irritationen rund um die VW-Beteiligung kurz vor der Landtagswahl, die „Verunsicherung bürgerlicher Wähler“ und den fehlenden Rückenwind aus Berlin. Dann wechselt er zum aktuellen Zustand der Großen Koalition in Hannover, lobt die christdemokratischen Minister, den „kraftvollen“ Landtagsfraktionschef Dirk Toepffer und den neuen Generalsekretär Kai Seefried. Ein paar Abgeordnete wie Uwe Schünemann und Mareike Wulf werden von ihm positiv genannt, offene Kritik übt er an der Rolle des sozialdemokratischen Umweltministers Olaf Lies. Dass Stephan Weil die SPD jetzt zur „Niedersachsen-Partei“ machen wolle, gehe nicht auf. „Wir sind die Niedersachsen-Partei, keiner sonst!“ Wieder kommt anständiger Applaus, nun schon etwas länger.So ein paar Reizworte, die Althusmann gezielt setzt, zünden nicht so richtig. Das Lob für die Arbeit der Polizei? Der Beifall bleibt gemäßigt. Die Freude darüber, dass der Grünen-Politiker Christian Meyer nicht mehr Agrarminister ist? Eine ähnliche Reaktion.

Eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD bleibt für mich ausgeschlossen.

Bernd Althusmann

Dann dankt Althusmann noch einmal ausdrücklich der JU für die Hilfe im Landtagswahlkampf – und das kommt im Saal spürbar gut an. Richtig langanhaltend wird der Applaus aber erst, als der CDU-Chef über die AfD spricht. Diese Partei möge sich derzeit an ihren guten Umfrageergebnissen berauschen, meint Althusmann. Inzwischen aber sei doch nach den Ereignissen in Chemnitz klar, dass es in der AfD „nicht nur Biedermänner, sondern auch Brandstifter“ gebe. Dann hebt Althusmann die Stimme und sagt: „Eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD bleibt für mich ausgeschlossen.“

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So klar, wie diese Ansage ist, so zufrieden honorieren das die Zuhörer. Kurz darauf geschieht das ein zweites Mal, als Althusmann eine Absage an die Kooperation mit der Linkspartei hinzufügt: „Ich warne davor, die Prinzipien aufzugeben. Es gibt keine neuen Schnittmengen mit den Linken und den Rechten.“ Diese Positionierung des CDU-Landesvorsitzenden gezielt in der Mitte der Unionspolitiker in Deutschland, nicht am rechten Rand, wird noch von seiner klaren Distanzierung von den bayerischen Parteifreunden ergänzt: „Die CSU versucht, manche Position zu kopieren.“

Magerer Applaus nach dem Wahlergebnis

Die Rede endet nach einer guten Stunde hoffnungsvoll für Althusmann – der wachsende Beifall lässt ihn zu diesem Zeitpunkt noch hoffen, dass er an das hervorragende Resultat seiner ersten Wahl, damals mit mehr als 98 Prozent, wird anknüpfen können. Doch das geschieht dann nicht, wie nach einer halben Stunde klar wird. Von den 369 Delegierten haben zehn eine Enthaltung abgegeben, 298 waren für den Kandidaten, 61 dagegen. Tagungspräsident Frank Oesterhelweg leitet daraus die Zustimmung von 83 Prozent ab, also doch ein deutlicher Rückgang gegenüber 2016. Der Applaus ist nun wieder mager, ein Getuschel geht durch den Saal. Eine Quittung für Althusmanns erkennbare Probleme, auf die Parteimitglieder zuzugehen und zum Mitmachen anzustacheln? Eine späte Strafe für einen misslungenen Wahlkampf im vergangenen Jahr? Oder vielmehr der Ausdruck für das allgemeine Hadern der CDU-Basis mit ihrem Spitzenpersonal? Althusmann spricht von einem „ehrlichen Ergebnis nach einer schwierigen Landtagswahl“.

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Die Sympathien, die Althusmann in Braunschweig nur eingeschränkt erntet, werden ohnehin auf diesem Parteitag unterschiedlich verteilt: Der neue Generalsekretär Kai Seefried erntet ein Traumergebnis von 96 Prozent, nah dran ist auch die neue Schatzmeisterin Barbara Havliza mit 94,7 Prozent. Zwei der drei Stellvertreter, Reinhold Hilbers (92 Prozent) und Fritz Güntzler (88,3 Prozent) bekommen gute Resultate, das von Maria Flachsbarth (79,5 Prozent) fällt schlechter aus. Und was den Beifall angeht, kann einer mit seinem Vortrag richtige Begeisterung entfachen – es ist David McAllister, der EU-Abgeordnete aus Bad Bederkesa, der früher mal der Star der Niedersachsen-CDU war. (kw)