Es geht um eine Milliarde Euro, und die steht ausnahmsweise einmal nicht im Zusammenhang mit Corona-Hilfen – zumindest nicht direkt. Auch in der Corona-Zeit habe man den Klimaschutz nicht aus den Augen verloren, sagt Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, als er am Dienstag zusammen mit Umweltminister Olaf Lies das Maßnahmenprogramm zum Klimaschutz vorstellt. Lies spricht vom größten Investitionsprogramm für Klimaschutz in Niedersachsen und muss sich doch Kritik anhören. Die Grünen im Landtag wähnen eine Mogelpackung, weil die Große Koalition viele Maßnahmen, die schon längst geplant seien, und einige neue Vorhaben zu einem Milliarden-Programm zusammenaddiert. „Ein bisschen Förderung hier, ein bisschen Förderung da, das reicht absolut nicht aus“, meint Imke Byl (Grüne).

Olaf Lies spricht am Dienstag auf der Pressekonferenz in Hannover von Generationenverantwortung und zugleich einem Konjunkturprogramm, die Grünen dagegen von einem mutlosen Sammelsurium. Die FDP im Landtag wiederum stört, dass es eben doch einen Zusammenhang mit den Corona-Hilfen gibt. Denn 550 Millionen Euro, also über die Hälfte, kommen aus dem Corona-Sondervermögen. Man halte es für verfassungsrechtlich fragwürdig, dass Corona-Schulden für den Klimaschutz eingesetzt würden, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer Christian Grascha und ergänzt: „Ohne Pandemie hätte es dieses Klimaschutzpaket so nicht gegeben.“


Lesen Sie auch:

Solarförderung aus dem Corona-Topf

GroKo einigt sich auf Klimaschutz-Passus


Nun gibt es aber sowohl die Pandemie als auch das Klimaschutzpaket, und das besteht aus insgesamt 46 Einzelmaßnamen auf vollkommen unterschiedlichen Feldern, die vom Einsatz erneuerbarer Energien bis hin zur Sanierung von Landesgebäuden reichen. Das Maßnahmenpaket enthält unter anderem diese Punkte:

Mehr Solaranlagen auf die Dächer: Eingeführt werden soll eine Photovoltaik-Pflicht für Gewerbedächer. Außerdem soll ein Förderprogramm für Batteriespeicher den Ausbau der Photovoltaik ankurbeln.

Klimafreundlichere Gebäude und Quartiere: Mit neuen Förderprogrammen sollen private Hausbesitzer, Immobilienunternehmen, Genossenschaften aber auch Kommunen dazu animiert werden, ihre Häuser energetisch zu sanieren. Mehr als 128 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Derzeit liegt die Sanierungsrate in Deutschland gerade einmal bei zwei Prozent. Experten sehen hier noch sehr viel Luft nach oben.

Saubere Busse und Bahnen: Fast 220 Millionen Euro will die Landesregierung in die klimafreundliche Sanierung des Verkehrs investieren. Gefördert werden sollen im Zusammenhang mit der Elektromobilität sowohl neue Fahrzeuge als auch die Ladeinfrastruktur. In diesen Bereich fällt aber auch der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und der Radwege.

Sanierung maroder Landesgebäude: Das Land selbst ist angesichts des Zustands vieler Landesgebäude nicht gerade ein Vorbild in Sachen Klimaschutz, sollte es nach Ansicht von Umweltminister Olaf Lies aber werden. Man müsse bei den eigenen Gebäuden vorangehen, sagte er. Allein 266 Millionen Euro, also über ein Viertel der Gesamtsumme, geht deshalb in den Bereich „klimafreundliche Landesverwaltung“. Neben der Gebäudesanierung soll das Geld auch in die Erneuerung der Fahrzeugflotten und eine „klimagerechte Wiederbewaldung“ in den Wäldern des Landes fließen.

Lies spricht von neuem „niedersächsischen Weg“

Wirtschaftsminister Bernd Althusmann sieht zu dem Maßnahmenpaket keine Alternative. Mit den aktuell gültigen Regeln und Gesetzen könne man eine CO2-Reduzierung von 60 Prozent erreichen, sagten Experten. „Das reicht aber nicht. Wir haben uns schließlich das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 gesetzt“, stellte Althusmann fest. Im Dezember soll der Landtag das dazugehörige und nicht unumstrittene Klimagesetz verabschieden. Dann beginnt ein neuer Weg, ein „niedersächsischer Weg“, wie Lies ihn in Anlehnung an das Artenschutz-Abkommen nannte. Auch beim Klimaschutz solle mit Vertretern der unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zusammengearbeitet werden.

Damit man in den kommenden Jahren von diesem niedersächsischen Weg nicht abkommt, will man die Umsetzung kontinuierlich nachverfolgen, kündigte Lies an. Man müsse die Ziele jedes Jahr erneut synchronisieren und prüfen, ob man auf dem richtigen Pfad sei. Auch eine wissenschaftliche Begleitung der Maßnahmen ist vorgesehen. Die dafür eingeplanten 200.000 Euro fallen angesichts der Milliarde, die in den Klimaschutz in Niedersachsen fließen soll, kaum ins Gewicht.

Von Martin Brüning