So ziemlich zum Schluss gibt Bernd Althusmann einen Einblick in seine Lebensplanung. Es ist Mittwochabend gegen 21 Uhr, die Parteiveranstaltung neigt sich nach knapp zwei Stunden dem Ende zu, und der neue Hoffnungsträger der niedersächsischen CDU spricht über das, was er noch vor sich hat: „Ich bin jetzt 49, und in den nächsten 20 Jahren möchte ich gern richtig aktiv werden in Niedersachsen – mit Leidenschaft, Augenmaß, Umsicht und Fairness.“ Da geht ein Raunen durch die Reihen: Will er wirklich noch 20 Jahre lang in der Politik bleiben? „Es muss nicht unbedingt die Politik sein“, ergänzt Althusmann rasch noch. Dann kommt ein langer, kräftiger Applaus. Und im Saal ist klar: Da ist er nun, der neue starke Mann der Christdemokraten. Er ist gekommen, um zu bleiben. Einer, der sich von hier nicht so leicht wieder wegschieben lässt.

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Dazu passt die Musik, die von der CDU zum Auftakt dieses ersten Basis-Treffens am Mittwoch in Hannover unter dem Motto „DeBAtte mit Bernd Althusmann“ gespielt wurde – afrikanische Trommelklänge. Eine Anspielung darauf, dass der Kandidat die vergangenen drei Jahre nicht in Niedersachsen war, sondern als Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia wirkte. Wer diese Klänge hört, fühlt sich unweigerlich an den Kino-Klassiker „König der Löwen“ erinnert. Und so ist er auch an diesem Abend, wie ein König der Löwen: Klar dominierend, immer etwas erhöht, distanziert und überlegen. Einer, der vor allem Ruhe und Kraft ausstrahlt. Im hannoverschen Cavallo, der ehemaligen königlichen Reithalle in Hannover, sind im Halbkreis Stühle aufgestellt, rund 250 Leute sind gekommen, Althusmann steht in der Mitte und spricht. „Sie stehen in der Gefahr, dass ich auf Sie zukomme – ich habe nämlich keine Berührungsängste“, sagt er ziemlich zu Beginn, eine Mischung aus Ironie und Ernst. Doch der frühere Kultusminister, der nie so gut auf Menschen zugehen konnte wie beispielsweise David McAllister, bleibt dann doch auch an diesem Abend meistens vorn stehen. Ein Abstand bleibt. Manchmal hat er die Hand in der Hosentasche, aber richtig lässig wirkt er nicht. Er spricht langsam mit monotoner Stimme, zögert manchmal mit der Antwort – und zieht immer wieder Vergleiche zu seiner Zeit in Afrika. Nelson Mandela, sagt er, der Volksheld aus Südafrika, habe manchmal lange überlegt, bevor er auf eine Frage geantwortet hat. „Das wünsche ich mir hier auch öfter.“ Mandela, der richtig große König der Löwen, ist wohl auch ein Vorbild für ihn. „Nelson Althusmann“ sagt später der Moderator des Abends, der NDR-Journalist Andreas Kuhnt.

"Dann schicke ich die Kavallerie“: Der designierte CDU-Spizenkandidat Bernd Althusmann - Foto: MB.

„Dann schicke ich die Kavallerie“: Der designierte CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann – Foto: MB.

Die CDU-Basis, so war der Plan, sollte den voraussichtlichen Spitzenkandidaten und Landesvorsitzenden besser kennenlernen. „Zuhören“ wolle er, sagt Althusmann und fügt hinzu: „Das gelingt mir noch nicht so ganz.“ Immerhin erfährt man zu seinen Vorstellungen und Zielen einige Details: Althusmann, der gern wie ein nüchterner Managertyp „erstens, zweitens, drittens“ sagt, nennt das Soziale hinter der inneren Sicherheit als zweitwichtigstes Thema. Bei der Bildungspolitik, betont er, wolle er sich lieber zurückhalten: „Ich möchte ja Ministerpräsident werden und nicht Kultusminister, außerdem verliere ich mich dort zu schnell in den Details.“ Perfekt ist der Kandidat nicht, das merkt man an einigen kleinen Fehlern: Als er den dritten Punkt seiner wichtigsten Ziele erwähnt, hat er vorher schon fünf genannt. Und als er von „Lehrern, Schülern und Kindern“ spricht, merkt er nicht, dass er statt der Kinder die Eltern gemeint hat. Aber niemand nimmt ihm das übel, und außerdem wirkt er beim Vortrag zu keiner Zeit, als habe er den roten Faden verloren. Eher ist Althusmann einer, der sich vorher seine Botschaften ganz genau überlegt hat.

Die führenden CDU-Politiker, kündigt er an, werden in den nächsten Wochen ausschwärmen und die Botschaften der Partei im Land verbreiten – er nennt Landtagsfraktionschef Björn Thümler und die Landtagsabgeordneten Ulf Thiele (Leer), Dirk Toepffer (Hannover) und Reinhold Hilbers (Lingen). Die Wiedereinführung der Studiengebühren und die Rückkehr zur zwölfjährigen Gymnasialschulzeit vor dem Abitur sind für ihn kein Thema. „Wir werden keine Diskussion über diese Themen führen“, meint er. Es klingt nicht wie eine Prognose, sondern wie eine klare Ansage.

Althusmann, so erfahren die Zuhörer, ist für Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, die gegen Einbruchskriminalität vorgehen. Er will die Digitalisierung vorantreiben, auch in der Schule. Er will wesentlich mehr Geld in den Breitbandausbau investieren. Er wirbt für Innovationen und will beispielsweise moderne Verfahren fördern, um die viele Gülle in Niedersachsen einzudampfen. Er will die Gesundheitsversorgung in dünnbesiedelten Gegenden verbessern und denkt an die Rückkehr der „Gemeindeschwestern“ – und er will verhindern, dass Niedersachsen von Rot-Rot-Grün regiert wird. Das sei „das schlechteste Modell für dieses Land“, sagt er und redet ein wenig schneller. Doch richtig wütend klingt das noch immer nicht. Der Applaus allerdings wird gleich merklich stärker.

Nur ein leidgeprüfter Christdemokrat aus Hildesheim, der sich erkundigt, was Althusmann als Landesvorsitzender gegen Intrigen in der Partei tun will, bekommt an diesem Abend keine befriedigende Antwort: „Dann schicke ich die Kavallerie“, sagt der Kandidat und lächelt. Das sollte so viel heißen wie: Auf diese Frage will ich jetzt keine sachliche Antwort geben. Immerhin, die Zuhörer sind zufrieden. Die CDU-Basis verlässt nach zwei Stunden überwiegend gut gelaunt den Saal. (kw)