Um kurz nach sechs Uhr steht Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil im SPD-Fraktionssaal vorne auf der Bühne und macht die Merkel-Raute. Im Gegensatz zur Kanzlerin vor etwa drei Wochen kann er sich allerdings über Zuwächse für seine Partei und einen ordentlichen Wahlsieg freuen. „Das ist ein großer Abend für die niedersächsische SPD. Wir stehen vor einem fulminanten Erfolg“, sagt Weil und erinnert daran, dass die CDU in Niedersachsen in den Umfragen vor Monaten noch bei 40 Prozent und damit meilenweit vor den Sozialdemokraten stand. „Dann gab es eine rasante Aufholjagd.“ So viel Jubel gab es bei der SPD zuletzt im Jahr 1998. So lange ist es her, dass die Sozialdemokraten die stärkste Fraktion im Landtag stellten.

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„Wir waren noch nie so weit vor den Bundeswerten. Ich bin stolz, Vorsitzender dieser niedersächsischen SPD zu sein“, sagt Weil noch und macht sich auf den Weg in Richtung Messegelände, wo die Fernsehsender für die Live-Interviews auf die Spitzenkandidaten warten. „Die niedersächsische SPD“ – um sie geht es an diesem Abend im Fraktionssaal und nahezu alle Gesprächspartner machen deutlich, dass genau sie den Unterschied bei dieser Wahl ausmacht. Der Landesverband habe sich durch das Bundestagswahlergebnis nicht aus der Ruhe bringen lassen, sagen viele. Kultusministerin Frau Heiligenstadt stellte nach dem 24. September eine „Jetzt erst recht-Stimmung“ in der Partei fest. „Ich habe eine total motivierte Partei erlebt“, sagt sie.

Auch Doris Schröder-Köpf hält das Selbstbewusstsein der SPD in Niedersachsen für eine wichtige Basis dieses Wahlerfolgs. „Wir wissen um unsere Stärke. Die niedersächsische SPD ist seit langem eine Talentschmiede für den Bund. Man zweifelt deshalb nicht so schnell an sich selbst.“ Zudem sei die Zusammenarbeit hervorragend gewesen. Es gebe keine unausgesprochenen Rivalitäten beim Führungspersonal. Den Wahlsieg führt Schröder-Köpf zudem auf Schwächen des CDU-Spitzenkandidaten Bernd Althusmann zurück. Dieser habe eben nicht für Vertrauen gesorgt. Es fehle ihm die innere Seriosität, die man für das Amt des Ministerpräsidenten benötige. Für Sozialministerin Cornelia Rundt ist das Ergebnis vor allem durch die Spitzenkandidaten zu erklären. Stephan Weil sei authentischer und besser bei den Wähler angekommen als sein Herausforderer.

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Die Koalitionsfrage spielt an diesem Abend bei der SPD noch keine Rolle. Man genießt erst einmal den Wahlsieg und wundert sich über die SPD. Diese habe nicht nur mit ihrem kategorischen Ausschließen der Ampel der SPD regelrecht Stimmen zugeschaufelt und sich damit selbst aus dem Rennen genommen. Die Genossen halten das für einen schweren taktischen Fehler des FDP-Vorsitzenden Stephan Birkner. Und sie sehen auch in der Koalitionsfrage ganz gelassen zunächst einmal die Liberalen am Zug – wenn sie denn überhaupt benötigt würden. (MB.)