Die Zeit wird allmählich knapp: Mitte nächster Woche wollen Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in Brüssel erläutern, wie die Düngevorschriften so geändert werden sollen, dass die EU von der angedrohten Strafzahlung gegen die Bundesrepublik wegen der Nitratbelastung des Grundwassers Abstand nimmt. Gestern hat Klöckner sich dazu auch mit den Landesministern getroffen, auch mit Barbara Otte-Kinast. Derweil braut sich im Hintergrund wieder Unmut zusammen. Wie schon öfter, wenn es um die Politik von Klöckner geht, reagieren die Landwirtschaftspolitiker der SPD/CDU-Koalition in Niedersachsen, vor allem die der Union, gereizt und alarmiert.

Vor Tagen schon hatte Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke erklärt, das Land Niedersachsen habe doch schon mit sehr viel strengeren Düngevorschriften reagiert – deshalb müsse die Politik von Klöckner gegenüber der EU darin bestehen, auf bereits Verändertes hinzuweisen und darauf, dass die Wirkung solcher Schritte eben Zeit brauche. Stattdessen schält sich aber wohl heraus, dass Klöckner bereit ist, weitere Verschärfungen der Vorgaben anzubieten. Davon wären vor allem die Landwirte in Niedersachsen betroffen, zumal das Problem der Überdüngung (als Folge der Massentierhaltung im Bezirk Weser-Ems) hier auch besonders ausgeprägt ist.


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Wie es heißt, herrscht gerade in der niedersächsischen CDU wieder erhebliche Unruhe. Nicht förderlich für das Klima zwischen Landespartei und Bundesagrarministerium ist dabei die Tatsache, dass seit Monaten zwischen ihnen immer wieder neue Konflikte ausbrechen. Im Zentrum der Kritik steht dabei Klöckners Staatssekretär Hermann Onko Aeikens, der selbst aus Ostfriesland kommt und einst im niedersächsischen Ministerium geprägt wurde. Was die Dünge-Vorschriften angeht, schälen sich neue Klöckner-Vorschläge für die betroffenen Gebiete heraus: Wiesen und Weiden sollen zwischen Anfang Oktober und Ende Januar nicht mehr gedüngt werden dürfen, zwei Wochen länger als bislang geplant. Der Auftrag von Festmist und Kompost soll dort schon vom 1. November an (nicht erst 1. Dezember) untersagt werden.

Die Obergrenze für die Düngung soll vom 1. September bis Beginn der Sperrfrist auf 60 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar (nicht wie bisher 80 Kilogramm) festgelegt werden. Schon Hänge von fünf Prozent Neigung (nicht wie bisher zehn Prozent) sollen ebenfalls nur noch eingeschränkt gedüngt werden dürfen. Das träfe etwa auch auf Felder im Harz zu. Würde das alles so umgesetzt, dürften die Probleme der Bauern steigen, ihre Gülle zu verwerten – vermutlich wären dann mehr von ihnen gezwungen, sich nach Lagerkapazitäten umzuschauen und neue Güllelager zu bauen. Ein geplantes generelles Düngeverbot für Zwischenfrüchte (etwa für Tierfutter) droht diesen Zweig ganz zu erdrücken, da sich solcher Anbau ohne Stickstoffzufuhr gar nicht lohne, heißt es. Otte-Kinast ging gestern offiziell auf Distanz zu den Vorschlägen mit Bezug auf das Grünland.

Steckt ein politisches Tauschgeschäft hinter Klöckners Linie?

Das Agrarministerium in Hannover arbeitet nun daran, bis Anfang September einen Plan für die besonders von Düngeeinschränkungen betroffene Gebiete zu entwickeln – davon dürften, wie es heißt, 38 Prozent der Landesfläche betroffen sein. Das sind längst nicht nur die Zonen, in denen es Massentierhaltung gibt. Derweil wird gerätselt, was Klöckner zu ihrer – aus Sicht ihrer Kritiker: harten –  Linie bewogen haben könnte. Sieht sie sich weniger als Vertreterin der Bauern und mehr als Anwältin des Gewässerschutzes? Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, mutmaßte kürzlich, dass das Bundesagrarministerium auf dem Weg sei, Zug um Zug dem Bundesumweltministerium Kompetenzen zu übertragen – etwa ein erhebliches Mitspracherecht beim von Klöckner geplanten freiwilligen Tierwohl-Label. Ein „politisches Tauschgeschäft“ könne dahinter stecken – und spekuliert wurde, dass dies als Gegenleistung die sogenannte „TA Luft“ betreffen könne, also die Regelung über die Emissionen aus Tierställen.

Das Problem ist nämlich, dass mehr Tierwohl auch bedeuten wird, Schweinen und Geflügel in den Ställen mehr Platz zu geben. Größere Ställe wären die Folge, doch die bisherige TA Luft steht den dafür notwendigen Genehmigungen bisher offenbar im Wege. Für die Änderung der Vorschrift ist Bundesumweltministerin Schulze zuständig. Bislang gibt es allerdings keine Bestätigung dafür, dass das „Tauschgeschäft“ so aussehen könnte: Klöckner verschärft die Düngevorgaben – im Gegenzug zeigt sich Schulze entgegenkommend bei den Stallbauvorschriften und ebnet den Weg zum Bau größerer Ställe.