In einer Diskussion über den aktuellen Stand der Endlagersuche ist scharfe Kritik am Bundesumweltministerium laut geworden. Das Ministerium hatte angekündigt, die sogenannte Veränderungssperre für Gorleben zu verlängern. Aufgrund der Sperre darf im betroffenen Gebiet nichts verändert werden, was die Einrichtung eines Endlagers für nuklearen Müll im Wege stehen könnte. „Das Bundesumweltministerium hat damit einen großen Fehler gemacht“, sagte Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, dem Rundblick nach der Diskussion, die die Grünen-Fraktion im Landtag organisiert hatte. An der Entscheidung des Ministeriums habe man gemerkt, dass man sich dort nicht rechtzeitig darum gekümmert habe, eine bundesweite Regelung zu finden. „Sollte das Standortauswahlgesetz bis zum 31. März nicht beschlossen werden, sollte das Bundesumweltministerium eine bundesweite Veränderungssperre umsetzen“, forderte Verlinden.

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Laut Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel steht in der Endlagersuche noch viel Arbeit bevor. Es sei erstaunlich, was alles noch nicht geregelt wurde. So müssten zum Beispiel immer noch die Sicherheitsanforderungen definiert werden. „Wenn der Tisch für den gesunden Rücken 80 Zentimeter hoch sein muss, muss am Ende auch überprüft werden, ob das tatsächlich so ist“, sagte Wenzel im Gespräch mit dem Rundblick. Zudem müsse noch geklärt werden, welcher Atommüll konkret überhaupt gelagert werde. „Wir haben in der Atommüllkommission erfahren, dass wir etwa 300.000 Kubikmeter mehr Atommüll haben als gedacht. Auch dieser Müll muss künftig sicher für die Ewigkeit gelagert werden.“

Diskussionsrunde im Landtag: Julia Verlinden, Jochen Stay, Prof. Hendrik Lambrecht, Anja Piel, Stefan Wenzel, Miriam Staudte, Asta von Oppen (v.l.n.r.) – Foto: MB.

In der Diskussion mit zahlreichen Teilnehmern aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg wurde deutliche Kritik und starkes Misstrauen am Prozess der Endlagersuche laut. „Wir sind skeptisch. Schließlich haben wir zum Teil in den vergangenen 40 Jahren bittere Erfahrungen gemacht“, sagte Asta von Oppen von der Rechtshilfe Gorleben. „Das Happy-End steht noch aus. Ich sehe die Mehrheit gegen Gorleben im Bundestag noch nicht“, meinte Jochen Stay von der Initiative „Ausgestrahlt“. Er kritisierte, dass es zu wenig Bürgerbeteiligung gegeben habe und nach wie vor gibt. Stay forderte ein Vetorecht für die betroffene Region. „Wenn es diese Möglichkeit nicht gibt, wird der Konflikt wieder auf der Straße ausgetragen. Wir sind auf dem Weg, Konflikte aus der Vergangenheit in die Zukunft zu verlagern. Damit ist nichts gewonnen“, so Stay. Die Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden hält die Forderung nach einem Vetorecht für nachvollziehbar. „Mein Wunsch wäre aber, dass wir bereits zu Beginn des Prozesses alles richtig machen und den Rechtsschutz so weit wie möglich umsetzen. Es sollte an mehreren Stellen im Verfahren auch Klage-Möglichkeiten geben“, sagte sie.

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Mehrere Teilnehmer kritisierten auch das nationale Begleitgremium. Es habe zu wenig Rechte und Befugnisse. Zudem könne der Konflikt nicht durch Stellvertreter, sondern nur direkt mit den Betroffenen vor Ort ausgetragen werden. Umweltminister Stefan Wenzel meint dagegen, das Gremium habe unter anderem das Recht auf Akteneinsicht und könne Minister und Abgeordnete befragen. Wenn die Mitglieder des Gremiums es wollten, hätten sie viele Möglichkeiten. Zugleich hat Wenzel Verständnis für die Skepsis. „Die Wendländer haben schon alles erlebt und sind immer wieder mit Situationen konfrontiert gewesen, die Misstrauen geschürt haben. Deshalb beobachten sie den Prozess extrem kritisch“, so Wenzel. Deutschland habe aber eine der besten Demokratien der Welt. Dazu gehöre auch eine lebendige Zivilgesellschaft.