Dieser Polizeipräsident ist nicht mehr haltbar
Darum geht es: Neue Vorwürfe werden laut gegen den Braunschweiger Polizeipräsidenten Michael Pientka. Ein Kommentar von Klaus Wallbaum:
Wir wissen nicht, was Michael Pientka geritten hat, als er die Stalking-Vorwürfe gegen den Wolfsburger Inspektionsleiter Hans-Ulrich Podehl ignorierte – und offenbar zur gleichen Zeit noch ein positives Gutachten zu dessen geplanter Höhergruppierung schrieb. Es gibt einige mögliche Erklärungen für dieses merkwürdige Verhalten. Vielleicht hat die Kripo-Chefin, die sich von Podehl belästigt fühlte, ihre Hinweise nicht glaubwürdig genug vorgetragen. Gegen diese Vermutung spricht, dass sie wohl mehrfach vorstellig wurde und sogar noch eine andere Person einschaltete. Vielleicht liegt Pietkas Reaktion aber auch daran, dass ihm die pikanten Vorwürfe ungelegen kamen, weil er unbedingt die Höherstufung seines Inspektionsleiters durchsetzen wollte, um jeden Preis.
Pientka wurde gestern vom Rundblick mit den neuen Vorwürfen konfrontiert. Er verzichtete darauf, seinen Teil zur Aufklärung zu leisten – und zog es vor zu schweigen. Seinem Dienstherrn, Innenminister Boris Pistorius, tut er damit keinen Gefallen. Was soll man von einem Polizeipräsidenten halten, der im Verdacht steht, die Pflege einer Männer-Seilschaft in der Polizei über alles zu stellen, sogar über die Verfolgung einer möglichen Straftat der Nachstellung? War Pientka Podehl zu irgendetwas verpflichtet, sodass er die Hinweise auf dessen Fehlverhalten einfach nicht wahrnehmen wollte? Dies alles werden die strafrechtlichen und disziplinarischen Ermittlungen sicher zutage fördern, und es wird wohl noch Wochen dauern, bis sich in diesem vertrackten Fall ein klares Bild abzeichnet.
Pistorius kann so lange nicht warten. Pientkas Verhalten ist nicht nur eigenartig, sondern unvereinbar mit dem Amt eines Polizeipräsidenten. „Mit dieser Geheimniskrämerei ist das Ansehen der gesamten Polizei in Braunschweig beschädigt worden“, sagt Ulf Küch vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Das stimmt. Der Innenminister sollte seinen Braunschweiger Polizeipräsidenten entlassen. Pientka ist politischer Beamter, er kann jederzeit ohne Angabe von Gründen abgelöst werden. Gründe aber gibt es für Pistorius mittlerweile genug: Der Polizeipräsident hat in einer wichtigen Personalfrage Sensibilität vermissen lassen, er hat offenbar wider besseres Wissen eine unzutreffende Beurteilung abgegeben – und er strahlt inzwischen nicht mehr die Vertrauenswürdigkeit aus, die ein Polizeiführer jederzeit haben muss.
Mag sein, dass die Suche nach einem Pientka-Nachfolger für den Innenminister nicht einfach ist. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass die Landesregierung in diesem Fall so schweigsam ist. Jetzt ist es aber höchste Zeit zu handeln.