Wünscht sich mehr Risikobereitschaft vom Umweltminister: Jörn Ehlers. | Foto: Lada

Jörn Ehlers vom „Aktionsbündnis aktives Wolfsmanagement“ und Frederik Eggers vom Nabu Niedersachsen sind sich einig: Die Politik muss in der Wolfspolitik wieder das Ruder übernehmen. Trotz des neuen Schnellabschussverfahrens wurde in diesem Jahr kein einziger Wolf entnommen – nicht zuletzt, weil die Ausnahmegenehmigungen immer wieder von Gerichten kassiert wurden. „Es ist nicht Sinn der Sache, dass Gerichte diese Entscheidungen treffen. Eigentlich muss die Politik klare Vorgaben machen“, sagt Eggers im Politiknerds-Podcast vom Politikjournal Rundblick. Darin äußert er sich in seiner Funktion als Nabu-Vertreter im „Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf“. Die Landesregierung nutze die politischen Instrumente, die ihr zur Verfügung stehen, nicht ausreichend, kritisiert er. „Es ist unglücklich, dass jedes Mal eine gerichtliche Entscheidung herangezogen werden muss“, sagt auch Jörn Ehlers, der ebenfalls im Dialogforum der Landesregierung mitwirkt. „Das wirft ein schlechtes Licht auf Politik, auf die Vorgaben, die die Politik macht, und teilweise auch auf die Gerichte, für die derart fachlich sehr besondere Entscheidungen auch schwierig sind.“ Er mahnt, man müsse im Blick behalten, wie ein solches Vorgehen auf die Menschen wirke, wenn die Politik die Spielregeln festlegt und vor Gericht dann alles wieder „im Nichts verpufft“. „Das behindert das Vertrauen in die Politik und in die politischen Entscheidungen und ist nicht gut für unsere Gesellschaft.“

In Bezug auf einen möglichen Rechtsstreit mit der Europäischen Kommission, den Umweltminister Christian Meyer (Grüne) mit seinem vorsichtigen Agieren zu vermeiden sucht, sagt Ehlers: „Ich würde von Herrn Minister Meyer schon erwarten, dass er bereit ist, ein gewisses Risiko einzugehen. Das Problem ist so drängend und so massiv hier in Niedersachsen, dass wir durchaus Politiker in der Verantwortung haben sollten, die dann bereit sind, so etwas auch mal klären zu lassen.“ Hier widerspricht allerdings der Nabu-Referent Eggers: „Natürlich muss ein Minister auf Bundes- oder Landesebene sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen und gucken, wie er die Gesetze auch so weit ausschöpfen kann. Aber er sollte sich nicht über das Gesetz hinwegsetzen.“ Ein Vertragsverletzungsverfahren, bei dem Deutschland unterliegen würde, könnte erhebliche Kosten verursachen, erinnert Eggers.

Abschüsse machen den Wolf nicht scheuer, sagt Frederik Eggers. | Foto: Lada

Die Förderung für Herdenschutzmaßnahmen könnte im nächsten Jahr auf bis zu zehn Millionen Euro anwachsen. Durch eine neue Kopfpauschale soll künftig nicht mehr nur der Zaunbau, sondern auch die Instandhaltung finanziert werden. Die Weidetierhalter im Dialogforum begrüßen diesen Schritt, denn für die Sanierung der Schutzzäune fiele häufig pro Jahr noch einmal dieselbe Summe wie für das ursprüngliche Material an. Landvolk-Vizepräsident Ehlers wirft im Podcast-Gespräch allerdings die Frage auf, ob die hohen Ausgaben auf Dauer gerechtfertigt seien. „Ich meine, da muss man sich wirklich Gedanken machen: Wo hat so etwas seine Grenzen? Wo muss man Alternativen und zum Beispiel auch wolfsfreie Gebiete diskutieren?“ Der Naturschutz müsse sich die Frage stellen, was man mit dem Geld sonst hätte finanzieren können, wenn nicht die gesamte Summe für den Zaunbau aufgewendet werden muss, um allein die Ko-Existenz des Wolfes möglich zu machen. Dass wolfsfreie Zonen aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar seien, ruft derweil Eggers in Erinnerung – räumt aber sogleich ein, dass die EU-Kommission aktuell zeige, wie sich die rechtlichen Vorgaben auch ändern lassen. „Die Rechte können ja so gedreht werden, dass es wieder passt. Aber es ergibt auch aus fachlichen Gründen überhaupt keinen Sinn.“ Studien zeigten etwa, dass Herdenschutz an Deichen funktioniert.

Während Ehlers im Abschuss von Wölfen auch ein Instrument sieht, um dem Raubtier wieder die Scheu vor dem Menschen beizubringen, hält der Wildbiologe Eggers diesen Ansatz für falsch. Er meint auch, ein Abschuss sei kein geeignetes Instrument, um dauerhaft Nutztierrisse zu verhindern. Dazu taugten allein bessere Herdenschutzmaßnahmen. Wie es damit im kommenden Jahr in Niedersachsen weitergehen soll, wissen die beiden Mitglieder des Wolfs-Dialogforums allerdings auch nicht zu sagen. Ehlers stellt nur fest, dass die Schafhalter eine Förderrichtlinie brauchen, und Eggers erinnert daran, dass die alte Förderrichtlinie zum Ende des Jahres auslaufe. „Die Zeit drängt“, mahnen beide unisono.