… ist eigentlich ein neues Instrument, das der Landtag – mit großen Erwartungen verknüpft – am vergangenen Dienstag gestartet hatte. Erstmals in der Parlamentsgeschichte wurde eine Befragung des Ministerpräsidenten eingeführt. Doch statt 90 Minuten, wie eigentlich geplant war, endete die Veranstaltung schon nach 23 Minuten. Bahnbrechende Erkenntnisse lieferten die Antworten des Regierungschefs nicht, und auch die Fragen der Fraktionen waren nicht sonderlich originell oder provokant. Damit ist dieses Instrument aus Sicht der Rundblick-Redaktion – schlicht eine Panne. Dann kann man es eigentlich gleich wieder abschaffen…

Foto: RB

Der Gedanke an eine Befragung des Regierungschefs wurde in der Opposition geboren, und vermutlich stand dabei der Bundestag Pate. Dort muss sich die Kanzlerin regelmäßig den Fragen der Abgeordneten stellen, auch in einer beschränkten Zeitspanne, auch ohne vorheriges Einreichen der Fragen. Allerdings gilt im Bundestag die Einschränkung, dass dort nur die Themen der vergangenen Kabinettssitzung behandelt werden sollen. Eine solche thematische Beschränkung gilt in Niedersachsen jetzt nicht. Zu allen Themen der Landespolitik können sich die Abgeordneten erkundigen.


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Im Vorfeld hieß es, man könne es dem Ministerpräsidenten nicht übel nehmen, zu bestimmten Details zu sagen: „Das weiß ich nicht.“ Dies wäre sogar sehr ratsam, denn nach Artikel 24 der Landesverfassung muss jeder Vertreter der Landesregierung im Parlament „nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“ zu Sachverhalten Auskunft geben. Niemand kann aber vom Ministerpräsidenten erwarten, in allen Winkeln sämtlicher Themen fit zu sein.

Mit welchen Erwartungen haben nun die verschiedenen politischen Kräfte diese Neuerung eingeführt?

Die Opposition sieht sicher die Gelegenheit, den Ministerpräsidenten, dem ohnehin vorgeworfen wird, sich im Landtag nur sehr selten zu Wort zu melden, mit forschen Gedanken zu konfrontieren und ihn so zu stellen. Das setzt allerdings die Fähigkeit der Fragesteller voraus, sowohl sachlich als auch provokativ heikle Themen so vorzutragen, dass er den Befragten damit überraschen und womöglich zu unbedachten Reaktionen reizen kann. Im ersten Durchlauf der Befragung geschah das allerdings nicht. Weder waren die Fragen rhetorisch gut zugespitzt, noch wirkte der Ministerpräsident davon wirklich überrascht. Weil, ein erfahrener Politfuchs, antwortete freundlich und gewandt, manchmal auch knapp und klar. Wirklich Erhellendes hatte er nun nicht zu bieten.

Die Chance jeder Oppositionsfraktion, vier aufeinanderfolgende Fragen stellen zu dürfen, ist ein Angebot: Jede Fraktion könnte zu einem speziellen Thema die Fragen so aufeinander aufbauen, dass jede neue Frage eine direkte Reaktion auf die Antwort Weils ist – und versucht, Widersprüche oder Unklarheiten in der Darstellung des Ministerpräsidenten aufzudecken. Auch das hat der Landtag im ersten Durchlauf der Ministerpräsidentenbefragung nicht erlebt. Die Grünen reihten verschiedene, nicht miteinander verbundene Themen aneinander. Manches wie die Frage nach der Medizinerausbildung in Oldenburg war in der Unverbindlichkeit und betonten Freundlichkeit der Formulierung geradezu eine Einladung an den Regierungschef, umfangreich die eigene Haltung zu erläutern. So lieferte die Opposition an einigen Stellen sogar eine Vorlage an Weil, sich selbst mit seiner Politik zu präsentieren und zu loben.

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Die Regierungsfraktionen dürften zu dem Thema „Befragung des Ministerpräsidenten“ eine differenzierte Einschätzung haben. Die SPD hatte das Modell durchaus mit Sympathie verfolgt, da ein geschickter und rhetorisch gewandter Ministerpräsident wie Weil keine Mühe hatte, die Bühne einer solchen Befragung zur Selbstdarstellung zu nutzen. Trotzdem verzichtete die SPD darauf, das auszukosten, sie beschränkte sich auf eine von ihr insgesamt vier zustehenden Fragen. Vielleicht auch aus Rücksichtnahme – denn ein Ausreizen der Möglichkeit, auf lobende Fragen ausführliche Antworten mit lauter positiven Botschaften zu bekommen, könnte auch schnell peinlich wirken.

Die CDU als kleinerer Partner der Regierung muss am wenigsten an der Neuerung in der Geschäftsordnung gelegen sein, denn sie lässt keine Gelegenheit aus, sich als „Partner auf Augenhöhe“ mit der nur etwas stärkeren SPD zu präsentieren. Wenn dann aber der Ministerpräsident gefragt wird, erscheint er auf einmal als der Chef im Ring – und sein Vize Bernd Althusmann spielt keine Rolle. Wohl auch deshalb verzichtete die CDU darauf, den Ministerpräsidenten zu befragen. Womöglich ist die Situation eine andere, wenn es in der Regierung kriseln sollte und beide Fraktionen bemüht wären, ihr eigenes Profil stärker herauszustellen. Aber ob man dann die Befragung des Ministerpräsidenten dazu nutzen würde, Konflikte in die Öffentlichkeit zu tragen?

Zum Start jedenfalls hat dieser neue Weg in der Geschäftsordnung nicht überzeugt. Es wirkte eher wie eine Panne. Man könnte es auch wieder abschaffen.