Die Panne der Woche…
…passierte in Göttingen, und sie rankt um eines der größten Bauvorhaben des Landes, die Errichtung eines neuen Bettenhauses und eines neuen Operationssaales der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Als Stiftungsuniversität ist die UMG bevollmächtigt, die Aufträge zum Bau selbst zu vergeben. Das Geld für das Mammutprojekt, das noch weitere Bauten umfasst und insgesamt mindestens 1,1 Milliarden Euro ausmachen soll, kommt allerdings vom Land Niedersachsen. Das heißt, die UMG muss für jeden ihrer Schritte und jede Ausgabe die Freigabe beim Wissenschaftsministerium beantragen. Ende Oktober vergangenen Jahres hatte die UMG einen Plan vorgelegt – und vor wenigen Wochen entschied das Land, die Ausschreibung zunächst zu stoppen. Es hätten sich erhebliche Mehrkosten abgezeichnet und Verfahrungsmängel, hieß es zur Erklärung.
Die Panne der Woche…
…bleibt in ihren Details bisher noch rätselhaft. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, klärt die Landesregierung nicht über alle Einzelheiten auf. Es besteht auch noch die Absicht, das vorläufig aufgehaltene Vergabeverfahren noch zu einem guten Ende zu führen. Wenn das aber klappen soll, müssen die Interessen der Beteiligten – vor allem der beiden Bieter – geschützt werden. Das zwingt die Akteure zu einer gewissen Zurückhaltung.
Worin besteht die Panne?
Die UMG hatte zunächst eine Kostenschätzung für den hier vorgesehenen ersten Schritt an die Landesregierung übermittelt. Der „erste Schritt“ sollte der Neubau eines Bettenhauses und des dazu gehörenden Operationssaales sein. Die Überlegung war, beide Vorhaben zusammenzupacken und dafür einen Generalunternehmer zu suchen. Mit zwei interessierten Firmen wurde gesprochen. Die Klinik wich mit diesem Weg aber vom ursprünglichen Plan ab, zunächst das Bettenhaus und danach den OP-Saal zu errichten. Für das Bettenhaus hatte es immerhin schon eine Genehmigung gegeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit dieser Verknüpfung zweier unterschiedlicher Projekte die Vergaberegeln verletzt wurden, drängt sich auf. Außerdem sollen die vorher veranschlagten Kosten erheblich überschritten worden sein – nach Rundblick-Informationen um mehr als 100 Millionen Euro. Eine offizielle Bestätigung für diese Summe gibt es nicht.
Wie ist der Fehler aufgefallen?
Das Land hat eine Dachgesellschaft aufgebaut, die das Großprojekt begleitet – unter Leitung des erfahrenen Managers Burkhard Landré. Eine wichtige Aufgabe dieser Gesellschaft ist es, die beiden Projekte UMG und Medizinische Hochschule Hannover (MHH) laufend zu überwachen und jeden Schritt, der von UMG und MHH gegangen wird, kritisch zu prüfen. Bei einer dieser Prüfungen ist die erhebliche Kostenabweichung aufgefallen, gleiches gilt für die Verstöße gegen das Vergaberecht. Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) hat deshalb das Wirken von Landré und seinem Team bereits im Wissenschaftsausschuss gewürdigt: Diese Leute hätten „ihr Geld verdient“.
Wer trägt die Verantwortung?
Die Fehler sind in der bisherigen Führung der UMG geschehen. Wie es heißt, beruht die jetzt angeprangerte Entscheidung auf dem Ratschlag eines Rechtsanwaltsbüros, das die UMG in der Vergabesache beraten haben soll. Dort, so verlautet inoffiziell, sollen sich die Mängel im Verfahren eingeschlichen haben. Im Wissenschaftsausschuss war auch von möglichen Regressforderungen die Rede, die von der UMG gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro geltend gemacht werden könnten.
Welcher Schaden ist entstanden?
Das Risiko wäre gewesen, dass bei einem Abschluss des Vergabeverfahrens der unterlegene Bieter vor die Vergabekammer gezogen wäre und das Ergebnis juristisch angefochten hätte. Wäre das mit Erfolg geschehen, so hätte das wohl eine Verzögerung des Bauvorhabens um zwei Jahre zur Folge gehabt. Jetzt hoffen die Dachgesellschaft und die UMG, das Vergabeverfahren noch „heilen“ zu können – es also zu verändern. Dass aber die erhebliche Überschreitung des Kostenrahmens damit abgebogen werden kann, bleibt zumindest zweifelhaft.
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Hat der Fall Konsequenzen?
Mit personellen Folgen ist nicht zu rechnen – es sei denn, die Fehler im Vergabeverfahren legen nach näherer Prüfung den Verdacht nah, hier habe ein Entscheidungsträger bei der UMG einen bestimmten Bieter bevorteilen wollen. Solche Hinweise gibt es nicht. Es fällt aber sehr wohl auf, dass die enorme Überschreitung des Kostenrahmens hier eine Rolle spielte. Diese kann zwei Ursachen haben: Entweder, die Baupreise sind tatsächlich enorm in die Höhe geschnellt. Wenn das so sein sollte, dürfte es schwer fallen, für den ursprünglichen Ansatz ein passendes Angebot zu erhalten. Es ist aber auch möglich, dass wegen schlechter Planung die UMG nicht darauf achtete, was mit den Kosten geschieht – denn es zahlt ja am Ende das Land, der Steuerzahler.