Die Opposition und das „Zaudern in der Planckstraße“
Enttäuschend. So nannte FDP-Fraktionschef am Donnerstag die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im Landtag. Einmal mehr sei es Stephan Weil den Bürgern schuldig geblieben, konkreter zu werden. Die Landesregierung müsse endlich aktiv eigene Strategien erarbeiten und „nicht länger auf eine intransparente Notregierung aus Ministerpräsidenten und Kanzlerin verweisen“, kritisierte Birkner. Man dürfe seine Verantwortung nicht an der Garderobe des Bundeskanzleramtes abgeben.
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Für den FDP-Fraktionsvorsitzenden hat die Landesregierung in der Krise die eigene Glaubwürdigkeit erschüttert, auch durch Pannen im Krisenmodus. So würden für die späte Einführung der Maskenpflicht die Entscheidungen in anderen Bundesländern als Grund angeführt, das Treiben von SPD-Bürgermeistern in Niedersachsen, die auch vorgeprescht waren, aber verschwiegen.
Hinzu käme das „Zaudern in der Planckstraße“, dem Sitz der Staatskanzlei in Hannover. Birkner forderte Weil dazu auf, selbst zu gestalten, als nur „im Schwarm der 16 mitzuschwimmen“. Die Arbeit an eigenen Entscheidungsgrundlagen sei auch wichtig, damit Menschen verstehen könnten, welche Entscheidungen aus welchen Gründen wann getroffen würden.
Man dürfe seine Verantwortung nicht an der Garderobe des Bundeskanzleramtes abgeben.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Julia Hamburg kritisierte den „Überbietungswettbewerb bei Öffnungen“, Dieser sei toxisch gewesen, weil er Ängste geschürt und erst zu Diskussionen geführt habe. „Warum spricht der Ministerpräsident von kleinen Schritten, die Öffnungen waren ein großer Schluck aus der Pulle“, sagte Hamburg. Dabei seien die Voraussetzungen für große Lockerungen gar nicht erfüllt. „Wo sind Schutzkleidungen, wo sind genügend Tests, wo ist die App?“
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Scharfe Kritik äußerte Hamburg an Plänen der Landesregierung, zum Beispiel ihren Einsatz für eine Abwrackprämie für Autos. „Wir können doch nicht alle zehn Jahre unsere Autos verschrotten. Der Vorschlag ist abwegig.“ Sowohl Hamburg als auch Birkner forderten die Landesregierung auf, das Parlament stärker zu beteiligen. „Es wird maßgeblich sein, dass wir Entscheidungen gemeinsam tragen“, so Hamburg.
Regierungsfraktionen weisen Kritik zurück
Für die AfD-Fraktionsvorsitzende Dana Guth wird bei der Landesregierung immer „nachgeturnt“, was andere bereits vorgemacht hätten. Das sei auch wieder bei der allgemeinen Maskenpflicht so. Die aktuelle Politik sei in Frage zu stellen, zumal es starke Nebenwirkungen gebe. So seien die Patientenzahlen in den Arztpraxen rückläufig. „Schwerkranke Menschen trauen sich nicht mehr zum Arzt, verschleppen Herzinfarkte über mehrere Tage. Das ist eine Situation, die es in Deutschland schon lange nicht mehr gab. Nennen Sie das einen Erfolg?“, fragte Guth die Landesregierung.
Das Vorgehen der Regierung ähnelt Guth zufolge eher „an die Supernanny als an demokratische Strukturen“. Dabei seien auch Äußerungen der Mitglieder der Bundesregierung zu hinterfragen. Außenminister Heiko Maas hatte in Bezug auf eine mögliche Planung des Sommerurlaubs gesagt, man müsse nun entscheiden, ob es überhaupt die Rahmenbedingungen gebe, „die Menschen ins Ausland zu lassen“. Wann sei das denn so entschieden worden, fragt sich Guth.
Die Regierungsfraktionen wiesen die Kritik der Opposition zurück. SPD-Fraktionschefin Johanne Modder bezeichnete es als „unangemessen, in dieser Weise Kritik zu üben“, wenn man selbst diese Entscheidungen vor drei, vier Wochen nicht habe treffen müssen. Es gehe dabei nicht um die Rolle der Opposition, sondern um die jeweilige Faktenlage vor Wochen, als Entscheidungen getroffen wurden.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer machte auf die Unterschiede in der Opposition aufmerksam. Die FDP fordere die Öffnung, die Grünen wollten am liebsten alles dicht machen. „Wenn Sie hier regieren würden, hätten wir das blanke Chaos“, sagte Toepffer.“ FDP und Grüne könnten es zusammen auf keinen Fall hinbekommen.“
Zuvor hatte sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil für eine vorsichtige Öffnung in der Corona-Krise ausgesprochen. „Wir müssen vernünftig sein, und das heißt vor allem: vorsichtig“, sagte Weil in einer Regierungserklärung am Donnerstag im Landtag. Den Bericht zur Regierungserklärung lesen Sie hier.