Die Niedersächsin der Woche…
…zählt schon seit acht Jahren zu den Spitzenpolitikerinnen in Niedersachsen, zu denen in der ersten Reihe. Aber private Vorlieben oder Einschätzungen waren von ihr bisher nicht bekannt – bis zu dieser Woche. Da äußerte sie sich in einem Radiointerview und wurde dabei ungewohnt offen. Das lag aber an einer Besonderheit. Die Niedersächsin der Woche heißt…
…Johanne Modder, kommt aus Bunde im ostfriesischen Kreis Leer und ist seit 2013 die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, derjenigen Fraktion, die auch den Ministerpräsidenten stellt. Zu großer Bekanntheit trägt dieser Job, anders als der von Ministern, meistens nicht bei – zu sehr großem Einfluss indes schon. In dieser Woche hat Modder in einem längeren Interview bei NDR Radio Niedersachsen Einblicke in ihr Innenleben gewährt. Warum das geschah? Womöglich hängt es mit der Form zusammen – sie äußerte sich auf platt. Johanne Modder sagt:
„Verget nooit, waar du herkomst“*
Der Effekt ist bekannt – viele Leute sind dann, wenn sie besondere Formen oder Besonderheiten der Kommunikation wählen, viel offener und unbefangener als sonst. Manche reden am Telefon über Dinge, die sie in privatem Gespräch, sich in die Augen blickend, nie erwähnen würden. Andere sind ungezwungener, wenn sie ihre erlernte Jugendsprache verwenden können. Womöglich zählt die SPD-Politikerin Johanne Modder zu dieser Gruppe. Eine Stunde lang wurde sie von Ilka Brüggemann interviewt. Dabei wurde über Modder, Mutter zweier Kinder und Großmutter, Kommunal- und Landespolitikerin seit etlichen Jahren, einiges bekannt.
In der SPD-Fraktion wird zuweilen über „Hannes Geheimsprache“ gelästert, wenn Modder sich mit anderen auf platt unterhält. Ihr Vorbild sei ihre Mutter, die viel Leid ertragen, aber nie geklagt und viel für ihre Familie getan habe. Politisches Vorbild sei Willy Brandt, der mit seinem Kniefall in Warschau eine beeindruckende Geste gezeigt habe. Ihre Schwäche sei die Ungeduld, manchmal auch das emotionale Reagieren – wo sie zuweilen hinterher meine, sie hätte länger überlegen müssen. Die Handarbeit liege ihr nicht, sie habe früher vielleicht zu wenig Zeit für ihre Kinder gehabt, wolle das jetzt aber gegenüber den Enkeln wieder aufholen. Der frühe Berufswunsch sei Schornsteinfegerin gewesen, dann aber habe sie eine Verwaltungslaufbahn eingeschlagen und sei in die Politik gegangen.
Aufregung im Landtag habe es einmal gegeben, als sie auf den CDU-Politiker in einer Rede mit einer plattdeutschen Bemerkung gekontert habe. „Das haben die meisten nicht verstanden, aber die Aufregung war groß. Hinterher kamen die Stenographen zu mir und wollten eine Übersetzung haben.“ Was sie besonders beeindruckt habe, sei ein Treffen mit einer älteren Frau beim Einkaufen während des ersten Corona-Lockdowns gewesen. Sie habe ihren Wagen gezeigt und die Lebensmittel, die sie gerade gekauft hatte – und habe dann hinzugefügt, dass es uns Deutschen in dieser schwierigen Corona-Zeit doch noch sehr gut gehe. Das dürfe man nicht vergessen.
Die Idee der Völkerverständigung hat sie, wie Modder berichtet, schon sehr früh in der Kommunalpolitik fasziniert, damals war in Ostfriesland die Idee einer kommunalpolitischen Austausches mit den Niederlanden und Griechenland geboren worden – und Modder hat, wie sie sagt, in diesem Zuge die deutsche Gründlichkeit und Klarheit schätzen gelernt. Auf die Frage, mit welcher Persönlichkeit sie sich gern zum Abendessen treffen würde, sagt Modder: „mit meinem Mann“ – und beweist damit einmal mehr ihre Bodenständigkeit und Bescheidenheit. Die Redaktion des Politikjournals Rundblick zeichnet Modder wegen ihrer Offenheit im plattdeutschen Interview mit dem Titel „Niedersächsin der Woche“ aus. Hartlich Glückwunsch!
*übersetzt ins Hochdeutsche: „Vergiss nie, wo Du herkommst“
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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