Die Niedersächsin der Woche…
…hat 42 Jahre lang an der Spitze ihres Ortsteils als Ortsbürgermeisterin gestanden, 45 Jahre lang gehört sie der Kommunalpolitik an. Jetzt ist Schluss – aber zum Ende ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit ist sie nicht etwa frustriert, obwohl es hin und wieder auch dazu Gründe gegeben hätte. Nein, sie wirbt unverdrossen weiter für kommunalpolitisches Engagement. Die Niedersächsin der Woche heißt…
…Bärbel Weist, ist Ortsbürgermeisterin im Wolfsburger Ortsteil Fallersleben/Sülfeld, gehört der einst von ihr mitgegründeten Wählergemeinschaft PUG an und ist 78 Jahre alt. PUG heißt übersetzt „Parteipolitisch unabhängige Gemeinschaft“, und die Gruppierung entstand einst, als Weist im Streit mit ihrer eigentlichen politischen Heimat, den Christdemokraten, über den Neubau eines Gefängnisses geriet. Damals ging es, wie so oft, nur zum Teil um die Sache. In einem Neubaugebiet sollte auf einer Fläche, die eigentlich als Kinderspielplatz ausgewiesen war, ein neues Gefängnis entstehen. Weist und viele andere lehnten das ab, sie sahen darin eine Täuschung der Anwohner. Das Gefängnis ist dann doch nicht gebaut worden, aber Weist verließ die CDU, die ihr zunächst verbieten wollte, sich öffentlich zu dem Thema zu äußern. Ein Maulkorb? Das passte nicht zu ihrem politischen Selbstverständnis als Demokratin. Flugs gründete sie mit anderen die PUG, die seither zum Bild der Wolfsburger Kommunalpolitik dazugehört und die auch bei der Kommunalwahl am 12. September wieder auf ein gutes Ergebnis hoffen kann, dann allerdings ohne das Zugpferd namens Bärbel Weist in ihren Reihen.
Bärbel Weist ist das, was man eine resolute, tatkräftige und stark engagierte Kommunalpolitikerin nennt. Sie ist dauernd ansprechbar für die Bürger und ihre Sorgen, sie geht keinem Streit aus dem Wege – kann aber sehr genau abschätzen, wann es sich lohnt, einen Konflikt zuzuspitzen und wann man lieber auf Deeskalation setzen sollte. Gleichzeitig wirkt sie unverdrossen und hundertprozentig überzeugt davon, dass Kommunalpolitik sich lohnt. Sie sagt dem Politikjournal Rundblick:
Die Arbeit in den Ortsräten und in der Stadt ist die kleinste Zelle der demokratischen Gemeinschaft. Wenn es hier nicht klappt, wie soll Demokratie dann im Großen funktionieren? Daher kommt es darauf an, dass junge Leute mitmischen und sich einsetzen für die Gemeinschaft.
Ruhestand? Das kommt für Bärbel Weist nicht in Betracht. Wenn man die 78-Jährige fragt, was sie mit ihrer Zeit anfangen will ohne die Kommunalpolitik, dann hört sie gar nicht mehr auf mit dem Aufzählen. Sie ist in mehreren Vereinen aktiv, hat sich zur Heimatpflegerin ausbilden lassen, macht leidenschaftlich gern Stadtführungen, schreibt Theaterstücke über Ereignisse der Wolfsburger Stadtgeschichte und hat intern schon mal gedroht: Wenn sie sich künftig zu sehr ärgere über das, was ihre Nachfolger machen, dann werde sie beginnen, eine Biographie über ihr politisches Leben zu schreiben – schonungslos und deutlich, wie es ihre Art ist. Immerhin fehlt es Bärbel Weist aber auch nicht an anderen Möglichkeiten sich abzureagieren. Sie ist Schwimmerin und liebt das Walking. Sportliche Betätigung hilft, den Kopf frei zu bekommen.
Das Beispiel von Bärbel Weist zeigt, wie belebend die Kommunalpolitik sein kann. Das Politikjournal Rundblick verleiht ihr deshalb die Auszeichnung „Niedersächsin der Woche“. Glückwunsch dazu!