Die Niedersächsin der Woche…
…kommt aus dem hohen Norden, ist in der Landespolitik bisher nicht aufgefallen, dafür aber umso stärker auf der Bundesebene. Sie hat über viele Jahre immer mal wieder mit ungewöhnlichen, manche meinen merkwürdigen Vorschlägen von sich reden gemacht. Jetzt hat sie in einer wichtigen gesundheitspolitischen Frage wichtige Weichen gestellt – mit vermutlich weitreichenden Konsequenzen. Die Niedersächsin der Woche heißt…
Gitta Connemann, ist 54 Jahre alt und gehört seit gut 16 Jahren dem Bundestag an. Sie vertritt die CDU im Wahlkreis Unterems, der Teile des ostfriesischen Kreises Leer und des Kreises Emsland umfasst und stieg 2015 sogar zur Vize-Fraktionsvorsitzenden auf.
Dass sie die „Niedersächsin der Woche“ wird, hat nun mit einem wenige Tage alten Vorstoß zu tun, der in den Medien gar nicht so große Resonanz erfuhr. Connemann stand an der Spitze einer Bewegung in ihrer eigenen CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die sich für ein schärferes Tabak-Werbeverbot einsetzt. Die Fachgruppe der Fraktion plädierte dafür, die Tabak-Werbung auf Großflächenplakaten künftig auch zu untersagen. Das bedeute kein völliges Werbeverbot, betonte Connemann.
In einem Kompromiss aus dem Jahr 2016, der allerdings nicht gesetzlich umgesetzt wurde, hatte man Ausnahmen für Tabak-Verkaufsstellen, Tankstellen und Kinofilme (die nicht jugendfrei sind) vorgesehen. Damals rang sich die Bundesregierung dazu durch, doch in der alten großen Koalition kam dann keine Neuregelung mehr zustande. Seither herrschte Stillstand – die SPD fordert weitergehende Beschränkungen, die Union wollte sich nicht auf den Partner zubewegen.
Diese Starre hat nun maßgeblich auch Connemann aufgelöst. Sie, die als Vize-Vorsitzende der Bundestagsfraktion für Landwirtschaft, Ernährung, Kirchen und Petitionen zuständig ist, verkündete nun die Verständigung der CDU/CSU-Fachpolitiker auf eine Reform. Das ist ein Signal an die SPD, in der Sache doch voranzukommen. Was künftig genau festgelegt wird, steht noch nicht fest, aber die Blockade in der Koalition im Bundestag scheint für das erste aufgehoben.
20 Millionen Deutsche rauchen, 120.000 sterben pro Jahr daran
Unterstützt werden die Befürworter einer schärferen Beschränkung auch von Gesundheitsexperten, die über die gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens – gerade für Jugendliche – hinweisen. Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler von der CSU verwies jüngst wieder auf die Zahl von 120.000 Toten jährlich mit einer Ursache im übermäßigen Tabakkonsum. Während die Tabakindustrie in dem Verbot einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff sieht, warnt das Krebsforschungszentrum davor, dass Zigarettenwerbung den Einstieg in die Droge ebnen könne.
Connemann beweist mit ihrem Agieren in dieser Frage ihre unkonventionelle Art. In diesem Fall hat sie dazu beigetragen, verhärtete Fronten im Regierungslager zu lockern. Die gebürtige Ostfriesin, die Jura studiert hat und vor ihrer Bundestagszeit als Rechtsanwältin gearbeitet hat, ist öfter für Überraschungen gut. Im vergangenen Sommer schlug sie vor, das spontane Stechen von Tatoos zu verbieten und Pflichtberatungen, sowie Bedenkzeit vorzuschreiben. Damit löste sie im Sommerloch eine aufgewühlte Debatte aus. Sie verwies auf die Gesundheitsgefahren in einem unregulierten Markt.
Sie wandte sich 2014 gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und stimmte 2017 für die gleichgeschlechtliche Ehe. Vor vielen Jahren zählte Connemann zu einem konservativen Kreis in der CDU – und als sie Verständnis für das Vorgehen des israelischen Militärs im Gaza-Konflikt äußerte, lud der DGB-Regionalverband sie 2014 als Rednerin am Antikriegstag aus. Die streitbare Abgeordnete, die immer gradlinig und unbeirrt ihre Positionen vertritt, hat solcher Gegenwind nie irritieren können. Glückwunsch von der Rundblick-Redaktion zur „Niedersächsin der Woche“!