Die Niedersächsin der Woche…
…tritt nicht so häufig selbst in Erscheinung, hauptsächlich wirkt sie im Hintergrund. Das soll auch so sein. Denn die Ende 2016 geschaffene Landeseinrichtung, der sie vorsteht, versteht ihr Wirken vornehmlich als Netzwerkarbeit: Man sorgt dafür, dass sich andere Organisationen präsentieren können und damit eine gute Sache fördern, nämlich die Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Trotzdem tritt die Niedersächsin der Woche ab und zu mit recht pfiffigen Ideen auf, so auch diese Woche wieder. Die Niedersächsin der Woche…
…ist 43 Jahre alt, hat katholische Theologie studiert und heißt Ulrika Engler.
Sie wurde im Herbst 2016, damals noch unter der rot-grünen Regierung, zur neuen Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung berufen. Diese Landeszentrale war einst von Schwarz-Gelb abgeschafft worden, sie hatte auch zum Schluss nicht den besten Ruf und galt als „Abstellkammer“ für verdiente Landesbeschäftigte. Heute ist es anders. Ulrika Engler steht einem Team vor, das vor allem einen Weg sucht: Wie kann man Jugendliche, die sich in wachsendem Maße für Politik interessieren, zum Engagement für die Gesellschaft und die freiheitliche Grundordnung gewinnen? Und vor allem: Wie kann man die Menschen dazu bewegen, in einem Klima wachsender Schärfe und Schroffheit der Auseinandersetzung sachlich und überzeugend zu sein?
Engler hat gemeinsam mit ihrem Kollegen aus Sachsen-Anhalt eine App vorgestellt, die kommende Woche freigeschaltet wird. Dort kann man – spielerisch – Hinweise und Tipps bekommen, wie man auf menschenverachtende, antidemokratische und minderheitenfeindliche Äußerungen reagiert. Das gilt abgestuft für Situationen in der Kneipe, an der Bushaltestelle, auf dem Fußballplatz oder auch – besonders schwierig – während der Familienfeier. Nun ist diese App nicht so zu verstehen, dass man in einer brenzligen Lage sein Handy zückt, in der App nachschaut und dann antwortet. Vielmehr soll ein Mini-Spiel auf der App Lust dazu machen, die möglichen Formen der Kommunikation auszutesten. Das ganze ist also ein Argumentationstraining – und Engler nennt als Prinzip: „Wer eskaliert, der verliert“. Die Botschaft lautet also, dass man mit einer sachlichen, mit ruhigen Worten vorgetragenen Haltung viele Menschen, die Vorurteile pflegen, tatsächlich erreichen und sie zum Nachdenken bewegen kann.
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Engler vermittelt ihre Botschaften ebenso auf eine eher leise, zurückgenommene Art und Weise – und erreicht damit von Zeit zu Zeit immer wieder, dass die von ihr geführte Landeszentrale als kluge Ergänzung in der politischen Kommunikation auffällt. Diese Einrichtung misst ihre Leistungskraft nicht (wie früher) an der Anzahl der verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen oder an der Fülle der Veranstaltungen, sie erprobt und präsentiert vielmehr neue Formen und Wege – gerade in Bezug zu den Jugendlichen. Dabei widersteht Engler der von manchen Teilen in der Landespolitik herrschenden Versuchung, die Landeszentrale für bestimmte Zwecke gezielt einzusetzen, etwa die Aufarbeitung der Folgen des Radikalenerlasses.
Die Theologin, die lange für Misereor in Aachen gearbeitet hat, sich um Entwicklungshilfe kümmerte und Delegierte beim Weltsozialforum war, die vor ihrer Zeit in Gelsenkirchen für eine politische Bildungseinrichtung tätig war, lässt sich nicht instrumentalisieren. Wenn Kritiker behaupten, die Landeszentrale agiere insgesamt zu unauffällig, dann ist das wohl auch der Tatsache geschuldet, dass Engler nicht zu lauten und krassen Zuspitzungen neigt. Ganz bewusst nicht. Die Rundblick-Redaktion gratuliert ihr zum Titel „Niedersächsin der Woche“!