Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) und Umweltminister Olaf Lies (SPD) haben ihren Streit über die Ausgestaltung des neues Klimaschutzgesetzes für Niedersachsen beigelegt. | Fotos: Link, MU, Canva, Tobias Koch, GettyImages

Die letzten Hürden sind beiseite geräumt: SPD und CDU haben sich am Montagnachmittag nach Informationen des Politikjournals Rundblick auf ein neues, verschärftes Klimaschutzgesetz verständigt. Einer der wichtigsten Punkte ist die seit Monaten in der Koalition umstrittene Frage, ob es eine Verpflichtung für Häuslebauer geben soll, auf die Dächer Solaranlagen zu setzen. Hier hatten die Christdemokraten bisher Bedenken, die von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) geteilt wurden, während Umweltminister Olaf Lies (SPD) vehement dafür geworben hatte.

CDU setzt sich bei Bestandsgebäuden durch, die SPD bei Neubauten

Die Einigung in der Koalition sieht nach Rundblick-Informationen nun so aus: Tatsächlich sollen alle Bauherrn von 2025 an zwingend Photovoltaik-Anlagen auf ihre Dächer setzen müssen – die Verpflichtung wird also von Gewerbeimmobilien auf Wohngebäude ausgeweitet. Bei Dachsanierungen allerdings soll die Pflicht nicht gelten, damit bleiben die schon errichteten Häuser von der Regelung ausgespart. Was die bestehenden Gebäude angeht, hat sich die CDU durchgesetzt, bei den Neubauten die SPD.

Wie es heißt, sollen die näheren Details noch in der Gesetzesberatung folgen. Dabei geht es beispielsweise um die Frage von staatlichen Zuschüssen für den Einbau von Solardächern, um die Frage eines möglicherweise nachträglichen Einbaus bei Engpässen im Handwerk oder um sogenannte „Contracting-Modelle“. Diese funktionieren so, dass der Bauherr sein Dach an den Betreiber einer Photovoltaik-Anlage vermietet – und damit von den Investitionskosten entlastet wird. „Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv über solche Schritte beraten“, sagt ein Mitglied der Koalitionsfraktionen.

Auch in der CDU soll sich eine Gruppe formiert haben, die gegenüber der Photovoltaik-Pflicht auf privaten Neubauten aufgeschlossen ist. Im Wirtschaftsministerium wurden indes Bedenken artikuliert wegen der mit der Pflicht verbundenen Baukostensteigerung. Wie es heißt, haben Wirtschafts- und Umweltministerium daraufhin erst in der vergangenen Woche bei der Prüfung von Varianten assistiert. Die Koalitionsfraktionen wollen sich nun heute auf die gemeinsame Marschrichtung verständigen und dann die Verschärfung der Klimaschutz-Regeln zügig durch den Landtag bringen.


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Zunächst hatten Umwelt- und Wirtschaftsministerium noch in anderen Punkten auseinander gelegen. Das betrifft etwa die Formulierung des Ziels von Treibhausgas-Emissionen. Im geltenden, vom Landtag beschlossenen Klimagesetz steht noch ein Wert von 55 Prozent bis zum Jahr 2030. Lies hatte vorgeschlagen, bis zum Jahr 2025 sollten 42 Prozent erreicht werden, bis zum Jahr 2030 dann 65 Prozent und bis 2040 sogar 86 Prozent. Das Wirtschaftsministerium hielt dagegen und empfahl bis 2025 einen Wert von 38 Prozent, bis 2030 von 56 Prozent und bis 2040 um 85 Prozent.

Ukraine-Krise bremst Klimaschutz in Niedersachsen aus

Wie es heißt, sieht die Verständigung nun vor, auf ein Ziel bis zum Jahr 2025 wegen der Ukraine-Krise zu verzichten – nämlich wegen der Befürchtung, dass im Zuge der Abkoppelung der Energieversorgung von russischen Gasimporten womöglich kurzfristig ein höherer Anteil von fossilen Brennstoffen verwendet werden muss. Was das Ziel für 2030 angeht, scheint sich nach den Signalen aus der Koalitionsrunde der Umweltminister mit dem Ziel 65 Prozent durchgesetzt zu haben.

Im Konzept des Umweltministers waren noch weitere Forderungen enthalten, die zwischen Lies und Althusmann umstritten waren. So hatte der Umweltminister einen verpflichtenden 30-Minuten-Takt für Busse und Bahnen in allen geschlossenen Ortschaften wochentags zwischen 5 und 24 Uhr vorgeschlagen. Dagegen hatte das Wirtschaftsministerium massive, auch rechtliche Bedenken – da es ein Eingriff in die kommunale Hoheit sei. Wie es heißt, dürften die Ziele in diesem Punkt abgeschwächt werden. Eine verbindliche Vorgabe hatte Lies auch für den Fuhrpark der Landesverwaltung formuliert, der bis 2030 auf CO2-freie Antriebsformen umgerüstet sein müsse. Wie verlautet, wird auch dieser Passus abgemildert. Auch Biodiesel und synthetisches Kerosin sollen neben Elektroantrieben in Betracht kommen, heißt es.