Der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Jörg Mielke, sollte am Freitagnachmittag des Ergebnis einer behördeninternen Prüfung bekanntgeben: Was ist dran am Vorwurf der Opposition, bei der Auftragsvergabe für das Niedersachsen-Motto sei ein Unternehmer bevorteilt worden? Mielke entlastete, wie erwartet, die unter Druck geratene Staatssekretärin Anke Pörksen. Ihr sei keine gezielte Einflussnahme vorzuhalten. Gleichzeitig offenbarte der Staatssekretär jedoch, dass das Ausmaß an Chaos und Unzulänglichkeit in der Regierungszentrale viel größer war als bisher bekannt.

Mielkes Darstellung im einzelnen:

*Nach Regierungsantritt von Rot-Grün 2013 hat es mindestens zwei, vermutlich gar drei Verstöße gegen das Vergaberecht gegeben, sie begünstigten den als SPD-nah geltenden Kommunikationsberater Michael Kronacher. Er wurde 2013 für 6000 Euro engagiert, um einen Workshop für ein neues Niedersachsen-Motto zu moderieren. Man hätte auch zwei andere Berater vorher fragen müssen, was unterblieb. 2015 bekam er dann einen ordentlichen Auftrag zur Moderation des Prozesses für rund 45.000 Euro. Als dieser wieder unter Kronachers Mitwirken fortgesetzt wurde zu einem speziellen Auswahlverfahren für einen Slogan, hätte man wieder vorher andere Anbieter fragen müssen, was erneut unterblieb. Kronacher wurde dann noch gebeten, für 7000 Euro einen internen Streit in der Staatskanzlei zu klären, wieder ohne ordentliches Verfahren.

*Die Aktenführung in der zuständigen Presseabteilung der Staatskanzlei war aus Sicht des Chefs der Staatskanzlei „mit teilweise erheblichen Mängeln behaftet“. Es fehlen Unterlagen, bestimmte Vorgänge wurden falsch zugeordnet, Vermerke sind widersprüchlich, Abläufe werden unvollständig wiedergegeben. Die gesamten Akten müssten jetzt „rekonstruiert“ werden für den Untersuchungsausschuss, sagt Mielke.

*Vor der Vergabe des großen Auftrags an Kronacher 2015 versuchten Teile der Presseabteilung der Staatskanzlei, die Vorgänge von 2013 einzuarbeiten. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in das Verfahren gewesen. Eine gezielte Manipulation aber, sagt Mielke, habe die Rechtsabteilung der Staatskanzlei bei der Nachprüfung „nicht erkannt“.

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*Der Prozess der Suche nach einem neuen Landesmotto lief nach Mielkes Einschätzung unprofessionell: „Es gab Phasen von hektischer Betriebsamkeit, die abgelöst wurden von langen Phasen der Untätigkeit. Daraufhin entstand wieder neue Hektik, weil der Zeitdruck immer größer wurde. Staatssekretärin Anke Pörksen sei keine Manipulation vorzuwerfen, da sie zu denen gehört habe, die intern für eine juristische Überprüfung geworben hätten. Andere in ihrem Umfeld aber hätten sich massiv für Kronacher eingesetzt. Hier gerät ins Blickfeld der Kritik Mielkes ein Vize-Regierungssprecher, der von den Grünen benannt worden war. „Hier ist ein schlechtes Zeit- und schlechtes Projektmanagement erkennbar, außerdem eine falsche Schwerpunktsetzung“, sagte Mielke.

*Zu personellen Konsequenzen wollte sich Mielke nicht äußern, sagte aber, es gebe keinen Grund für die Ablösung von Staatssekretärin Pörksen. Die Pressestelle bekomme jetzt eine „stärkere Beaufsichtigung“, auch die interne Aktenkontrolle werde verstärkt.

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