Die grüne Innenstadt: Parkplätze für Lastenräder, mehr Sitzinseln und inhabergeführte Geschäfte
Ist Niedersachsens Landeshauptstadt keine Reise wert? Laut einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe finden nur neun Prozent der Befragten Hannover attraktiv. Unbeliebter ist nur Saarbrücken. Dieses Ergebnis hat in Hannover für viel Verwunderung gesorgt. Deshalb blicken wir nun genauer hin auf die Baustellen dieser Stadt. Heute: ein Spaziergang durch die Innenstadt.
Die Innenstadt ist das Aushängeschild einer jeden Kommune. Hier pulsiert das Leben, hier gibt es Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Kultur und vieles mehr, was eine Stadt lebenswert und attraktiv macht. „Hannover hat unglaublich viel Potenzial, aber natürlich kann man auch noch mehr daraus machen“, sagt Elisabeth Clausen-Muradian, die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im hannöverschen Stadtrat, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick beim Innenstadtspaziergang mit mehreren Stationen:
Köbelinger Markt:
Vor dem Biomarkt an der hannöverschen Marktstraße wurden zwei Auto-Parkplätze umgewidmet zu Stellplätzen für Lastenfahrräder. Clausen-Muradian findet das gut, doch leider, so stellte sie fest, werden diese häufig anderweitig belegt – etwa von normalen Fahrrädern, aber auch von E-Scootern, die dort einfach abgestellt werden. „Es gibt Bedarfe an Parkflächen für die unterschiedlichsten Mobilitätsformen“, meint die Grünen-Politikerin – doch wo sollen die hin? Dass der gegenüber gelegenen Köbelinger Markt ein einziger Auto-Parkplatz ist, gefällt ihr jedenfalls nicht.
Als dort im Sommer des vergangenen Jahres ein sogenannter Experimentierraum errichtet wurde, habe sie das an Südfrankreich erinnert – an Parks und Freiluft-Gaststätten, Sitzgelegenheiten und Restaurants drum herum. So sah es auf dem Experimentierraum zwar nicht aus, weil keinerlei Gastronomie eingebunden war. „Dass wir so ein Potenzial mitten in der Stadt haben und uns nichts weiter eingefallen ist, als diese Platanen als Beschattung für Blech zu nutzen, macht mich fassungslos“, sagt Clausen-Muradian.
Opernplatz:
Der abseitige Köbelinger Markt soll nach Ansicht der Grünen also von Autos befreit und mehr belebt werden. Doch gelingt das denn bereits bei dem zentral gelegenen Opernplatz? „Es gäbe sicher mehr Leben, wenn es mehr Sitzgelegenheiten geben würde“, stellt Clausen-Muradian vor dem prunkvollen Operngebäude fest. Dass sich dort gelegentlich Jugendliche auf das Holocaust-Mahnmal setzen und Cola und Pommes verzehren, findet sie unpassend.
Ihre Idee also: Mehr Sitzinseln vor dem Tempel der Hochkultur. Damit der Aufenthalt dort aber insgesamt schöner wird, sollen auch hier die Autos verschwinden, die um den Opernplatz herumfahren. Bei Clausen-Muradian fiele es sogar unter die Rubrik Wirtschaftsförderung, wenn die Fahrzeuge direkt in die umliegenden Parkhäuser gelotst würden. Wie beim Köbelinger Markt ist sie auch hier davon überzeugt, dass es nicht an Parkmöglichkeiten in den Häusern mangelt.
Steintorplatz:
Neue Pläne für die Schmuddelecke Hannovers wurden in einem Beteiligungsverfahren entwickelt. „Die Umgestaltung steht aber noch aus, das hat sich durch Corona jetzt verzögert“, erklärt die Grünen-Politikerin. Das Problem am Steintorplatz ist ihrer Ansicht nach allerdings mehr als nur die Nähe zum Rotlichtviertel – es geht um das bauliche Umfeld. Das Ensemble bestehe aus einem „wenig zueinander passenden Sammelsurium an Nachkriegsbauten, denen man ansieht, dass sie nach dem Krieg kostengünstig hochgezogen worden sind.“ Doch Clausen-Muradian ist optimistisch: „Es ändert sich was, die ersten Investoren kommen und die ziehen dann auch andere Investoren nach sich.“
Ernst-August-Platz:
Wer den hannöverschen Einkaufs-Hauptbahnhof verlässt, stolpert direkt auf die Shopping-Meile. Doch das Geschäftesterben greift allmählich auch in Hannover um sich. Gibt es vielleicht einfach zu viel Verkaufsfläche? „Es gibt nicht zu viele Geschäfte, aber zu viele Ketten, zu viel von demselben“, bemängelt die Grünen-Politikerin. Die Ursache erkennt sie in den hohen Mieten in der Innenstadt, wodurch die inhabergeführten Geschäfte an den Rand gedrängt worden seien.
„Gegen große Ketten ist nichts einzuwenden. Aber wenn es nur noch die gibt, treibt das das Innenstadtsterben voran.“ Den ein oder anderen mag es vielleicht auch stören, dass eine Shoppingtour ohne Kontakt zu schnorrenden Punks kaum möglich ist – Clausen-Muradian findet jedoch: bettelnde Obdachlose darf man nicht verdrängen, aber gegen aggressive oder organisierte Bettelei muss man vorgehen, etwa mithilfe des städtischen Ordnungsdienstes, sagt die Grünenpolitikerin.
Den gesamten Innenstadtspaziergang mit noch weiteren Stationen und ausführlicheren Stellungnahmen können Sie in unserem Podcast nachhören: Soundcloud | Spotify | Apple Podcast
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
Jetzt vorbestellen