Darum geht es: Kultusministerin Frauke Heiligenstadt hat die ersten Ergebnisse einer Online-Befragung bei niedersächsischen Lehrern vorgestellt – und Konsequenzen angekündigt. Ein Kommentar von Klaus Wallbaum:

Kultusministerin Frauke Heiligenstadt demonstriert Entschlossenheit. Ihr Ministerium werde „sehr zügig und nachdrücklich“ Konsequenzen aus den Ergebnissen der Online-Befragung ziehen, kündigte sie am Montag an. Die Schulbehörden müssten bei der Unterstützung der Lehrer „einfach besser werden“, es sei eine „ernüchternde Erkenntnis“, dass etwa die Schulinspektion „nicht so bleiben kann, wie sie ist“. Das klingt wie der Auftakt zu einer großen Schulverwaltungsreform.

Diese Absicht ist löblich – in Zeiten des demographischen Wandels sind Verwaltungsreformen ein Wert an sich, die Bürokratie bedarf einer ständigen Überprüfung und Anpassung. Ständig aufs Neue muss man sich fragen, ob die Mitarbeiter noch richtig eingesetzt sind oder ob sie effektiver arbeiten können. Insofern verdient Heiligenstadt unbedingt Unterstützung.

Fraglich aber bleibt, ob die Studie tatsächlich als Begründung für ihre Ankündigung herhalten kann. Die Lehrer fühlten sich „von den Behörden nicht gut genug unterstützt“, teilt das Ministerium mit. Wer aber ins Detail der Befragung schaut, kann Zweifel an dieser Aussage bekommen. Die knapp 10.000 Lehrer, die ihre Fragebögen an das Ministerium zurückgeschickt haben, sollten zu verschiedenen Tätigkeiten angeben, ob diese oft vorkommen, ihnen sinnvoll und nachvollziehbar erscheinen, gut bewältigt werden können und ob sie dafür von der Schule und „von den Behörden“ unterstützt werden. Da ging es etwa um die Integration von Flüchtlingskindern in der Klasse, um die Planung des Unterrichts, um die Wertschätzung von Sprachen und um die Verknüpfung mit außerschulischen Angeboten. Fast überall gaben die Lehrer an, ihre Tätigkeit sei sinnhaft und auch zu bewältigen – nur dass sie geeignete Unterstützung durch die Behörden erhalten, wurde häufig verneint.

Darf man daraus folgen, dass die Behörden versagt haben? Häufig ist es doch so, dass die Lehrer sich an ihre Schulleitung wenden, nicht direkt an die Aufsichtsbehörde. Mangelnde Unterstützung eines einzelnen Lehrers durch die Ämter ist dann keine Überraschung, wenn diese Unterstützung bisher gar nicht vorgesehen war. Eine andere Frage ist, was überhaupt „die Behörden“ sind. Ist damit das Kultusministerium gemeint, die Landesschulbehörde – oder der Schuldezernent des Landkreises, der den kommunalen Schulträger vertritt? Wird Behördenunterstützung vermisst, weil räumliche Verhältnisse unzureichend sind (also eine Frage des Schulträgers), oder weil inhaltliche Konzepte und Hilfestellungen fehlen (eine Frage der Kultusbürokratie)? Hier bleibt die Studie unklar, und es überrascht, dass die Ministerin gleichwohl schon Konsequenzen ankündigt. Brauchte sie einen Anlass, um einen Anlauf zu einer großen Schulverwaltungsreform nehmen zu können?

Die Online-Befragung ist durchaus interessant, aber sie weckt mehr Fragen als sie Antworten liefern kann.

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