…kreist um die Frage, wie bald wir wieder aufatmen können und die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt. In dieser Woche hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Rolle des Zuversichtlichen eingenommen und Anzeichen einer baldigen Erholung ausfindig gemacht. Andere sind da allerdings viel skeptischer.

Foto: RB/GettyImages

Ist Hoffnung erlaubt? Wird es ein „V“ mit einem schnellen Ende der Rezession? Oder doch ein „U“, bei dem wir lange mit einer lahmenden Wirtschaft zu kämpfen haben werden? Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier versuchte in dieser Woche, Optimismus zu verbreiten, aber aus der Wirtschaft selbst kommen auch ganz andere Signale. Es herrscht eine tiefe Skepsis vor, ob und wann die Konjunktur wieder richtig in Fahrt kommt. Das dicke Ende könnte erst noch bevorstehen.

Wenn es in den Nachrichten heißt, dass eine Konjunkturprognose nach oben korrigiert wird, klingt das in der Regel erst einmal positiv. In der vergangenen Woche bedeutete es aber, dass in diesem Jahr beim Bruttoinlandsprodukt „nur“ noch ein Minus von 5,8 Prozent erwartet wird, statt der zuvor prognostizierten 6,3 Prozent. Die neue Prognose verleitete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu der Aussage: „Die Talsohle ist durchschritten.“ Der Aufschwung gehe schneller und dynamischer vonstatten, als man zu hoffen gewagt habe.

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Und in der Tat gibt es Signale, die ein wenig Hoffnung machen. Der Ifo-Geschäftsklimaindex legte zuletzt vier Monate in Folge zu (allerdings nach herben Einbrüchen am Tiefpunkt der Corona-Krise). Und auch die Arbeitslosenzahlen bereiteten Experten im August wenig Sorgen. Sie stiegen zwar leicht, was in diesem Monat unter anderem aufgrund von Schulabgängern nicht weiter ungewöhnlich ist, aber es gab eben auch positive Anzeichen. So war laut Arbeitsagentur in Niedersachsen zu sehen, dass viele Betriebe inzwischen wieder nach Mitarbeitern suchen. „Der Arbeitsmarkt stabilisiert sich nach dem Corona-Schock“, hieß es bei der Regionaldirektion.

Bleibt es also bei dem berühmten „V“, bei dem die Rezessionskurve drastisch nach unten abfällt, um dann aber wieder zügig Fahrt nach oben aufzunehmen? In der Wirtschaft gibt es daran große Zweifel. Dort rechnet man eher damit, dass ein „U“ auf die deutsche Wirtschaft zukommen könnte, bei dem wir bis tief ins Jahr 2021 im noch tieferen Tal der Rezession blieben. Wenn sich die Pandemie nicht in den Griff bekommen lasse oder doch kein Impfstoff gefunden werde, könnte es sogar zu einem „L“, also einer langanhaltenden Depression über mehrere Jahre hinweg, kommen. Das will aber nicht einmal jemand hinter vorgehaltener Hand laut aussprechen.

Wirtschaftslenker goutieren, dass Altmaier mit seiner Prognose Optimismus verbreiten möchte, glauben allerdings nicht, dass er richtig liegt. Im Gegenteil: Viele Branchen stehen immer noch vor großen Problemen. Hotels sind nicht ausgebucht, Konferenzräume bleiben leer. Die Gastwirte zittern vor einem regnerischen Herbst und einem frühen und kalten Winter. Und die Industrie, die entscheidende Konjunkturlokomotive, lahmt weiter und bereitet sich auf Entlassungen im größeren Umfang vor. Erst kämpfte sie mit den Lieferketten, jetzt mit der Nachfrage.

In dieser Woche richteten sich die Scheinwerfer auf den Autozulieferer Continental, bei dem es in den kommenden Jahren ans Eingemachte gehen soll.  Bis 2023 will er jedes Jahr  500 Millionen einsparen, danach soll der Sparkurs sogar noch verschärft werden. 13.000 Arbeitsplätze sollen allein in Deutschland wegfallen. Erst kam die mit der Brechstange politische verordnete E-Mobilität, dann kam Corona, und was kommt danach? Und dabei ist Conti nur ein Großer unter vielen Kleinen, bei denen es in den kommenden Monaten noch viel radikalere Brüche geben könnte. Auch die Autohersteller fragen sich, wie viele Fahrzeuge man in den kommenden Monaten wohl verkaufe wird. Und wohin? Und wo lässt man eigentlich all die bereits produzierten Autos, für die sich in den vergangenen Monaten weit und breit kein Käufer fand?

Die Hoffnung auf einen schnellen Aufschwung könnte sich als Trugschluss erweisen. Die Exportstärke, die gerade Deutschland viele wirtschaftlich gute Jahre beschert hat, wird nun zum Bumerang, wenn weltweit die Investitionen einbrechen und Experten besorgt auf Infektionszahlen wie zum Beispiel in den USA schauen. Wer mit Corona kämpft, kauft keine Autos, auch nicht Autos aus Deutschland. Die Corona-Krise hat das Eigenkapital vieler Betriebe weltweit ausgezehrt, Investitionen werden dadurch auf die lange Bank geschoben. Ein drittes Quartal, in dem es nun wieder aufwärts ging, ist daher noch kein hinreichender Indikator dafür, dass die Talsohle wirklich durchschritten ist, wie der Bundeswirtschaftsminister hofft. (MB.)