…zählt zur ersten Reihe des politischen Personals in Niedersachsen, das aber erst seit der Neubildung der Landesregierung vor knapp einem Jahr. Seither hat er sich durchaus als Schrittmacher in der rot-schwarzen Koalition betätigt. Er kann gut reden, sich mitunter leidenschaftlich in eine Debatte vertiefen und nimmt in der Öffentlichkeit oft kein Blatt vor den Mund, während andere oft viel zu sehr um diplomatische Zurückhaltung bemüht sind. In der vergangenen Woche hat er sein Geschick bewiesen, seine Partei sanft, aber sicher auf einen neuen Kurs zu bringen – und zwar in der Agrar- und Verbraucherschutzpolitik.

Der Politiker der Woche ist…

…Dirk Toepffer, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion.

Die vier zentralen Figuren der rot-schwarzen Koalition in Niedersachsen sind zunächst der Ministerpräsident, Stephan Weil (SPD), und sein Stellvertreter, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Danach kommen die beiden Vorsitzenden der Landtagsfraktionen, Johanne Modder (SPD) und Dirk Toepffer von der CDU. Toepffers Truppe im Parlament ist fünf Köpfe kleiner als die von Modder – und von Anfang an ist die CDU als Juniorpartner in der Koalition stärker gefordert, eigenes Profil neben dem dominanten Ministerpräsidenten Weil zu zeigen. Diese Aufgabe fällt zuallererst Toepffer selbst zu. Als Vertreter der hannoverschen Christdemokraten, also der Großstadt-Vertreter in der Partei, steht Toepffer für ein liberales, modernes Image.

So wirbt er dafür, dass sich die Partei öffnet, zeigt sich kompromissbereit im Streit um das Werbeverbot für Abtreibungen, plädiert für die Interessen der Wirtschaft beim Ladenschluss und möchte strategisch wohl erreichen, dass auch ökologisch angehauchte Bürger, die auf Bioprodukte Wert legen, in der CDU keinen Gegner ihrer Auffassungen mehr sehen. Stehen die Christdemokraten doch nach wie vor in dem Ruf, schon traditionell den Interessensvertretern der Landwirte nahe zu stehen. Das hat geschichtliche Ursprünge – ein Teil der CDU stammt von der früheren Deutschen Partei, die in ländlichen Gegenden stark war und als eigentliche Basis auf die Bauern zählen konnte. Heute gibt es viel weniger Landwirte als früher, umgekehrt aber ein wachsendes Bewusstsein der Bevölkerung, stärker auf bestimmte Rahmenbedingungen der Produktion zu achten: Die Produkte sollen gut sein, die Tiere sollen vernünftiges Futter bekommen haben und nicht gelitten haben, bevor sie geschlachtet wurden. Es soll natürlich zugehen und zu viel Chemie im Stall ist von übel. Die ethisch unzumutbare Massentierhaltung, bei der viele Schweine, Hühner und Puten auf engstem Raum gehalten werden, widerspricht dieser Linie.

Die Politik hat doch nicht die Aufgabe, die niedrigen Fleischpreise im Supermarkt zu subventionieren.

Als in dieser Woche das zweite Mal in relativ kurzer Zeit bekannt wurde, wie Tiere auf Schlachthöfen misshandelt, nicht richtig betäubt und damit gequält wurden, hat das auch Toepffer aufgeschreckt. Im Verein mit Agrarministerin Barbara Otte-Kinast und dem Landwirte-Flügel in der eigenen Landtagsfraktion streitet er nun für klare Regeln: Es solle Videoaufnahmen geben, die alle Abläufe auf den Schlachthöfen dokumentieren. Die Firmen sollen keine Chance haben, diese Aufnahmen zu manipulieren oder zu unterbinden – und es müsse eine angemessene Auswertung der Erkenntnisse geben. Der Tierschutz, sagt Toepffer, ist keine Nebensächlichkeit, vielmehr gehöre die Achtung vor der Kreatur zum christlichen Menschenbild, das für die CDU prägend ist. Die ökologisch gerechte Landwirtschaft werde künftig „eines der Schwerpunktthemen der CDU sein“, die Partei sei hier „gefühlt lange Zeit hinterhergelaufen“, das werde sich jetzt ändern. Toepffer berührt sogar ein Tabu: Wenn wegen höherer Tierschutzauflagen das Fleisch im Supermarkt teurer werde, müsse man das hinnehmen. „Die Politik hat doch nicht die Aufgabe, die niedrigen Fleischpreise im Supermarkt zu subventionieren.“

Mit vielen seiner Aussagen liegt der CDU-Fraktionsvorsitzende damit auf einer Linie mit Positionen, die bei den Grünen vertreten werden – und er argumentiert vermutlich stärker großstädtisch als ländlich. Für seinen Mut, der eigenen Partei in wichtigen inhaltlichen Fragen einen Stups zur Veränderung zu geben, bekommt Dirk Toepffer in dieser Woche den Titel des „Politikers der Woche“. Er ist einer von denen in der Landespolitik, die ihr politisches Amt bisher stets mit einem Gestaltungsanspruch verbinden. Glückwunsch dazu!