Der Niedersachse des Monats…
…ist diesmal keine einzelne Person, sondern ein Duo. Die beiden sind quasi vom Wählerauftrag dazu bestimmt, eng zusammenzuarbeiten – und das im Landtag, der niedersächsischen Volksvertretung. In den zurückliegenden Wochen ging es um ein Konzept, mit dem sie eine stärkere Parlamentsbeteiligung an der – bisher sehr stark von der Regierung bestimmten – Corona-Politik erreichen wollen. Der Opposition reicht das nicht, aber unsere beiden Protagonisten sind zufrieden. Der Titel „Niedersachse des Monats“ geht diesmal an…
…Jens Nacke von der CDU und Wiard Siebels von der SPD, die beiden Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen von SPD und CDU im Landtag. Während die Fraktionsvorsitzenden die Fraktion vor allem nach außen vertreten sollen, die Grundsatzreden halten, zu aktuellen Themen Stellung nehmen und in Konfliktfällen möglichst geräuschlos eine Verständigung mit dem Koalitonspartner suchen, wirken die Parlamentarischen Geschäftsführer stärker nach innen. Der Landtagsbetrieb als solcher muss zwischen ihnen – und den Vertretern der Opposition – besprochen werden.
In diesem Sinn hatten sich Siebels und Nacke verständigt auf einen Weg, wie man in der Zeit der Corona-Pandemie ein schnelles und flexibles Handeln des Landes gewährleistet und gleichzeitig den Landtag als Volksvertretung stärker einbindet. Denn eigentlich sind Krisenmanagement und parlamentarische Beteiligung ein Gegensatz an sich, da das Wesen der Landtagsarbeit in gründlichen, langandauernden, intensiv abwägenden und alle Gesichtspunkte in eine Entscheidung einbeziehenden Debatte besteht. In Krisenlagen aber muss schnell entschieden werden – auch um den Preis, dass die Begründung für Einschnitte und Einschränkungen mal nicht hundertprozentig sicher ist.
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Wie stark kann das Parlament in der Corona-Politik mitbestimmen?
Die von Nacke und Siebels entwickelte Variante sieht nun vor, dass es weiter Aufgabe der Regierung bleibt, die Corona-Verordnungen festzulegen. Vorher wird das Parlament auch nach Möglichkeit über das, was dann im Kabinett entschieden werden soll, informiert – und es können Hinweise und Änderungsvorschläge vorgetragen werden. Das ist schon seit Monaten so geübte Praxis. Neu hinzukommen soll die Möglichkeit, zu Beginn jeder Landtagssitzung in einzelnen Fällen Festlegungen der Verordnung zu hinterfragen oder Änderungsanträge zu Einzelbestimmungen zu stellen, über die dann abgestimmt werden soll.
Da dies an der Mehrheitssituation nichts ändert und die Große Koalition meistens die Vorgaben der von ihr gestellten Landesregierung mitträgt, ist die Wahrscheinlichkeit häufiger Änderungen in der Praxis gering – aber immerhin die Möglichkeit dazu soll geschaffen werden. Das entspricht nicht nur dem Wunsch der Opposition nach mehr parlamentarischer Einflussnahme auf die Corona-Politik der Regierung, sondern auch der Sehnsucht der Regierungsfraktionen, im politischen Geschäft des Krisenmanagements mehr zu sein als nur Zuschauer des Geschehens.
Der Opposition geht der Vorschlag von Siebels und Nacke nicht weit genug, sie wollen, dass der Landtag insgesamt über die Corona-Verordnung abstimmt und damit die Verantwortung für die Corona-Politik übernimmt – zur Not auch nachträglich. Das wäre möglich, wenn jede Corona-Verordnung in Zukunft nur gültig bleibt, solange nicht der Landtag (auch nachgelagert in der nächsten Sitzung) sie nicht ändert. Auf diesen Vorschlag indes, den FDP-Fraktionschef Stefan Birkner vehement vorträgt, haben sich Nacke und Siebels nicht eingelassen. Die beiden Parlamentarischen Geschäftsführer von SPD und CDU erhalten für ihr Engagement in der Corona-Politik diesmal den Titel „Niedersachsen des Monats November“ – allerdings im Doppelpack. Sie müssen sich die Krone teilen.