Der Niedersachse der Woche…
…kommt aus dem äußersten Nordwesten des Landes, hat dort lange in einer hohen politischen Funktion gewirkt und bereitet sich nun allmählich auf seinen Ruhestand im Herbst vor. Zuvor jedoch hat er nach langem und zähen Ringen einen wichtigen Erfolg erzielen können. Das bringt ihm nun zum Ende eines langen Berufslebens die schöne Erkenntnis, dass sich Hartnäckigkeit in der Politik auszahlt, wenn man für eine als richtig erkannte Sache auch gegen erbitterte Widerstände streitet. Der Niedersachse der Woche heißt…
…Bernd Bornemann, ist 63 Jahre alt und Sozialdemokrat. In den vergangenen acht Jahren war er Oberbürgermeister der Stadt Emden, die vor allem durch zwei Prominente international bekannt ist – den Journalisten Henri Nannen und den Komiker Otto Waalkes.
Bornemann, ein gelernter Rechtspfleger und engagierter Kommunalpolitiker, gilt als höchst bescheidener Mann. Die lauten Töne und Zuspitzungen sind seine Sache nicht. Als er im Januar ankündigte, im September nicht erneut als OB zu kandidieren, tat er das recht leise in einer Pressekonferenz. Den bevorstehenden Neujahrsempfang, sagte Bornemann, wolle er damit nicht überfrachten – denn beim Neujahrsempfang gehe es ja nicht um ihn, sondern um die Stadt. Wer Bornemann angesichts solcher Zurückhaltung als schwach einstufen würde, der irrt. Denn in einer entscheidenden Frage, die diese Stadt schon seit Jahren emotional stark bewegt, hat der Oberbürgermeister klar Stellung bezogen – und Gradlinigkeit wie auch Durchhaltewillen bewiesen.
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Bornemann setzte sich früh dafür ein, dass das alte Emder Krankenhaus aufgegeben wird und einige Kilometer entfernt in Georgsheil eine neue Zentralklinik entsteht – die dann auch aus Aurich und Norden gut erreichbar ist, sodass auch die dortigen alten Kliniken aufgegeben werden können. Fachleute in Niedersachsen beklagen seit langem, dass es in Deutschland und auch in unserem Bundesland zu viele kleine und teilweise überalterte Krankenhäuser gibt. Viele Menschen würden für ihre Klinik in gut erreichbarer Nähe kämpfen, beachteten aber nicht, dass die Qualität der Versorgung dort schon allein deshalb nicht gut sein kann, weil dem dort tätigen Personal die Routine fehlt.
Bornemann ließ über Jahre nicht locker
In der Kommunalpolitik gibt es schon seit langem eine Mehrheit für die neue Klinik in Georgsheil, das auch deshalb, weil das alte Krankenhaus in Emden wegen der unwirtschaftlichen Strukturen einen jährlichen Verlust von 15 Millionen Euro schreibt. Vor zwei Jahren allerdings bildeten sich Bürgerinitiativen und kämpften emotional und erbittert um dieses Thema. Die Gegner der Zentralklinik blieben im gesamten Ostfriesland zwar klar in der Minderheit, aber weil der Kreis Aurich und die kreisfreie Stadt Emden parallel jeder für sich eine Abstimmung organisieren mussten, gab die knappe Mehrheit für das Nein in Emden im Juni 2017 den Ausschlag – die Neubaupläne für Georgsheil scheiterten, trotz des klaren Jas aus Aurich.
Das Ergebnis in Emden führten Beobachter auch darauf zurück, dass die Zentralklinik-Gegner ziemlich frei in der Formulierung der zur Abstimmung gestellten Frage waren, eine ausführliche Information über die Vor- und Nachteile des Vorhabens war so nicht möglich, sie war auch gar nicht vorgeschrieben. Ursächlich dafür ist das noch zu rot-grünen Zeiten geänderte Landesgesetz, dessen Grundzüge von einem blauäugigen Glauben an die Weisheit der direkten Demokratie zeugen. Ein Regelwerk, das zur Sachlichkeit eines solchen Volksentscheids anhält, fehlt im Gesetz.
Als 2017 das knappe Nein der Emder Bevölkerung zur Zentralklinik die Pläne vorerst vernichteten, zeigte sich Bornemann tief enttäuscht – und sparte nicht mit Kritik am Landtag, der ein Gesetz geschrieben hatte, das den möglichen Missbrauch von Bürgerentscheiden (und sei es nur durch eine unsachliche, einseitige Kampagne im Vorfeld) gar nicht beachtet und deshalb auch keine einschränkenden Regeln vorgegeben hatte.
Aber Bornemann ließ nicht locker, nahm nicht Abschied von dem als richtig erachteten Konzept der Zentralklinik. Nach Ablauf der im Gesetz vorgesehen Zwei-Jahres-Frist wurde das Thema Zentralklinik erneut der Emder Bevölkerung zur Entscheidung vorgelegt. Bornemann warb dafür, und zwar nicht massiv und aufdringlich, sondern auf seine nüchterne, bescheidene Art.
Das Ergebnis fiel diesmal, am Abend der Europawahl, klar und eindeutig aus: Diesmal sprachen sich 55 Prozent der Bürger für den Neubau in Georgsheil aus. Das heißt: Die Zentralklinik kann nun gebaut werden – und Bornemann zeigte sich erleichtert. Sein Sieg ist ein Sieg der Vernunft, außerdem ein schönes Abschiedsgeschenk für einen weitsichtigen Verwaltungschef, der bald in den Ruhestand wechselt. Glückwunsch von der Rundblick-Redaktion!