Der Niedersachse der Woche…
…ist diesmal kein Politiker, sondern ein Schauspieler. Bis vor fünf Jahren war er ein hochgestellter Beamter, hatte jeden Tag mit landespolitischen Details zu tun. Aber dann kam mehr oder weniger unfreiwillig der Ruhestand, und der gelernte Jurist vertiefte in der Folgezeit seine Gabe, im darstellerischen Spiel ein Publikum beeindrucken zu können. In dieser Woche ist ihm das noch einmal mit großem Erfolg gelungen.
Der Niedersachse der Woche heißt…
Franz-Rainer Enste, war von 2010 bis 2013 niedersächsischer Regierungssprecher und zuvor fast 20 Jahre lang Sprecher des Landtags. Schon damals hatten sich drei Leidenschaften des gebürtigen Münsteraners miteinander verknüpft: Er ist erstens geschichtsinteressiert, liebt zweitens klassische Musik und beherrscht drittens den Auftritt vor größerem Publikum. So widmete sich Enste der historischen Figur des Komponisten Georg Friedrich Händel, der in Halle 1685 geboren wurde und an den Hof der hannoverschen Kurfürsten kam, just bevor dort eine epochale Entwicklung bevorstand – sie kamen 1714 auf den englischen Königsthron und sollten dort bis 1837 bleiben. Händel nutzte Hannover als Sprungbrett nach London und damit zu einer weltweiten Berühmtheit, die bis heute andauert. Enste hingegen braucht kein Sprungbrett mehr, er engagiert sich im Ruhestand für eine Aufgabe, die ihm sichtlich Spaß bereitet: Am vergangenen Wochenende trat er, verkleidet mit Perücke und Tracht des historischen Händel, im Schloss Herrenhausen auf, berichtete aus Händels Leben und begeisterte die Zuhörer und Zuschauer.
Bekannte und weniger bekannte Musikstücke Händels wurden dargeboten vom Knabenchor Hannover, von der Sopranistin Joanne Lunn und vom Barockorchester Musica Alte Ripa. Die Veranstaltungen waren fast ausverkauft, und so zeigt sich in Hannover, wie sehr eine historische Figur wie Händel, die mit dem Welfenhaus und Herrenhausen eng verknüpft ist, die Menschen heute noch bewegen kann. Enste hatte mit dieser Art von Auftritten, wenn auch auf sehr viel kleinerer Flamme, schon vor 20 Jahren begonnen, erstmals bei „Tag der Landesgeschichte“ im Landtag. Damals untermalte er seine Berichte aus Händels Leben noch mit Musikausschnitten vom Tonband und Kassettenrekorder. Im Laufe der Jahre wurde das Angebot immer professioneller, immer ausgefeilter. Chor und Orchester kamen hinzu, parallel wurde das Publikum stetig größer. Politisch ist die Sache auch, zumal in Zeiten, in denen über die Beziehungen der aktuellen Politik zum Welfenhaus (etwa mit Blick auf die Marienburg) ziemlich heftig diskutiert wird. Das ist der Verdienst des Juristen Enste, der noch seine Doktorarbeit 1983 zu einem ziemlich nüchternen Thema schrieb: „Die Namensänderung unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten Stiefkinderfälle.“ Glückwunsch von der Rundblick-Redaktion zur Krone für Franz Rainer Enste!