Das will sich die Groko die Digitalisierung kosten lassen
Bis zum Jahr 2022 will die neue rot-schwarze Landesregierung eine Milliarde Euro an Landesmitteln in die Digitalisierung stecken. Dabei sollen verschiedene Projekte aus verschiedenen Ministerien gebündelt werden – und die Koordinierung liegt in den Händen des neuen Wirtschaftsministers Bernd Althusmann (CDU).
„Für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft ist die Digitalisierung die zentrale Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Niedersachsen“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil gestern in seiner Regierungserklärung vor dem Landtag. Er nannte dabei mehrere Bereiche beispielhaft: die Ausstattung der Polizei mit neuen technischen Möglichkeiten und Prognosen von Straftaten, die Einführung des „elektronischen Rechtsverkehrs“ in der Justiz und die „elektronische Akte“, sowie das Lernen mit digitalen Medien in den Schulen.
Weil erklärte, zunächst solle ein „Sondervermögen für Digitalisierung“ geschaffen werden – dazu will das Land im ersten Schritt einen Grundstock von 500 Millionen Euro bereitstellen, also die Hälfte des Betrages, der hier für die nächsten fünf Jahren angesteuert wird. Der neue Finanzminister Reinhold Hilbers kündigte an, in den nächsten Tagen den Auftrag zur Vorbereitung eines Nachtragshaushaltes zu erteilen. In diesem Konzept sollen der 500-Millionen-Betrag stehen.
Weil wurde gestern im Landtag mit 104 Ja-Stimmen in geheimer Wahl im Amt bestätigt, gegen ihn stimmten 32 Abgeordnete, einer hat sich der Stimme enthalten. Die SPD/CDU-Koalition verfügt über 105 Mandate, die Grünen haben zwölf, die FDP hat elf und die AfD hat neun Abgeordnete. Im Anschluss an die Wahl wurden das Kabinett vom Landtag bestätigt, danach erhielten die bisherigen Minister ihre Entlassungs- und die neuen ihre Ernennungsurkunden. Stellvertreter von Weil wird Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU), hinzu kommen die Minister Reinhold Hilbers (Finanzen), Olaf Lies (Umwelt), Boris Pistorius (Inneres), Birgit Honé (Regionalentwicklung), Carola Reimann (Soziales), Björn Thümler (Wissenschaft), Grant Hendrik Tonne (Kultus), Barbara Havliza (Justiz) und Barbara Otte-Kinast (Landwirtschaft).
Bis zu 3000 neue Polizisten in Niedersachsen
In seiner Regierungserklärung streifte der Ministerpräsident mehrere Themenbereiche. Das Regierungsprogramm sei bereits der angekündigte „Schulfrieden“, sagte er. Ein dreigeteilter Sicherheitsbegriff präge die Arbeit von Rot-Schwarz: soziale Sicherheit, innere Sicherheit als Geborgenheit in der eigenen Gemeinschaft und die eigene Heimat. Eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung werden angestrebt, die „Förderschulen Lernen“ würden auslaufen, könnten aber auf Antrag der Kommunen als Schulträger verlängert werden. Bereits Mitte 2018 sollten das erste und zweite Kindergartenjahr von Elternbeiträgen befreit werden.
Bis zu 3000 neue Polizisten sollten eingestellt werden, die ersten 750 schon in einem Nachtragsetat für das kommende Jahr. Weil sprach sich dafür aus, abgelehnte Asylbewerber zurückzuführen – und zwar, wo dies kurzfristig realisierbar sei, ach aus den Erstaufnahmeeinrichtungen. Der Ausbau von Verkehrswegen (Straßen, Schienenwege und Flüsse) soll „zügig vorangetrieben“ werden. Das Gleichberechtigungsgesetz, das die Förderung von Frauen in leitenden Positionen zum Ziel hat, solle gestärkt werden – der öffentliche Dienst solle hier beispielgebend sein. Der Ministerpräsident sprach sich für den Ausbau von Krankenhäusern und den beiden Uni-Kliniken in Hannover und Göttingen aus, außerdem für den Aufbau einer eigenen Verwaltungshochschule für die Ausbildung zum gehobenen Dienst.
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Die Rede von Weil wurde einmal vom FDP-Abgeordneten Björn Försterling unterbrochen. Als Weil die geräuschlose und professionelle Regierungsbildung lobte, rief Försterling „Belanglosigkeiten“ dazwischen. Darauf entgegnete Weil: „Das ist ihr wunder Punkt.“
In der ersten Kabinettssitzung hat die neue Landesregierung gestern auch die neuen Staatssekretäre berufen. Wie schwierig das mitunter werden kann, zeigte sich im Wissenschaftsministerium, wo die bisherige N-Bank-Vorstandsfrau Sabine Johannsen neue Staatssekretärin wird. Am Dienstag musste eilig noch ein Aufhebungsvertrag mit der N-Bank geschlossen werden – und dazu hatte man auf die Schnelle den bisherigen N-Bank-Verwaltungsratschef Frank Nägele (bisher Wirtschaftsstaatssekretär) gesucht. Der war allerdings gar nicht so einfach anzutreffen, da niemand wusste, wo er sich gerade aufhielt. Nägele findet in der neuen Landesregierung keine Verwendung mehr.