Das sind die größten Herausforderungen für Gründer
Vor sechs Jahren wagte Jan-Philipp Mai den Schritt und wurde zum Gründer. Er konnte etwas, was andere nicht konnten. Schon viele Jahre befasste sich der heute 29-Jährige mit dem Thema Solarzellen und dem Stoff Silicium. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Schon beim Wettbewerb ‚Jugend forscht‘ bin ich auf das Thema gestoßen“, erzählt er. Auch im Maschinen- und Anlagenbau-Studium ließ es ihn nicht los. Sein heute erfolgreiches Unternehmen in Braunschweig ist in der Lage, Silicium aus Produkten wiederzugewinnen. Dazu werden die Abfälle in einer Art Mikrowellenofen erwärmt. Das Halbmetall braucht man zum Beispiel für Solaranlagen oder Computerchips. Eine der größten Herausforderung sei es gewesen, Eigenkapital zu beschaffen, berichtet Mai. Das sei die größte Baustelle. „Banken und Startups – das wird mit den aktuellen Regularien vermutlich nie richtig zusammenpassen. Da können dann Kredite aufgrund der Risikostruktur nicht vergeben werden.“ Deshalb sieht Mai die Möglichkeiten der Förderung auch ambivalent. „Es gibt unzählige Formen der Förderung, daran mangelt es nicht. Aber ich komme allein mit der Förderung nicht weiter, ich brauche den Eigenanteil.“
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„Es sind zusätzliche Anreize nötig, um mehr privates Kapital zu heben.“ Das sagt auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Landtag, Christian Grascha. Er hat in den vergangenen zwei Jahren fast 90 Startups in Niedersachsen besucht. Seine Fraktion hatte in einem Antrag mehr Engagement für Gründer gefordert. Gestern wurde das Thema im Landtag diskutiert. In den USA stehe Startups ein Vielfaches an Risikokapital zur Verfügung, so Grascha. Er schlägt vor, Risikokapital zum Beispiel über die steuerliche Absetzbarkeit attraktiver zu machen. Mehr Förderprogramme seien dagegen nicht nötig. „Die aktuelle Förderkulisse ist ohnehin schon unübersichtlich. Viele steigen gar nicht durch, was es da alles gibt“, meint der FDP-Politiker.
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Von Durchsteigen kann gerade zu Beginn bei Startups gar keine Rede sein, wenn es um steuerliche oder rechtliche Fragen geht. „Hier sind die Hürden enorm. Das ist so komplex, dass ich das allein nicht durchdringen kann“, beklagt Jan-Philipp Mai. Gründer müssten sich deshalb kostspielige Berater leisten. „Das macht es gleich zu Beginn unglaublich teuer, aufwendig und langsam.“ Gerade die rechtlichen Komponenten, zum Beispiel wenn es um Insolvenzrecht die Haftung geht, seien vermutlich ein Grund dafür, warum es so wenige Gründer gebe. „Man steht als Geschäftsführer gefühlt immer mit einem Bein im Knast. Ich kann theoretisch nicht alles richtig machen. Da ist man sehr angreifbar, und das macht einen unsicher“, so Mai.
Für Dynamik sorgen Gründer zu Beginn vor allem bei Steuerberatern und Rechtsanwälten. Wirtschaftsminister Olaf Lies wünscht sich allerdings auch mehr Startup-Dynamik in Niedersachsen. „Auf 10.000 Erwerbstätige kamen in Deutschland 29 und in Niedersachsen 26 Gründungen. Da ist noch Luft nach oben“, sagte Lies gestern im Landtag. Er plädiert dafür, sich nicht mit Berlin zu vergleichen. „Wir brauchen nicht eine hippe Stadt in Niedersachsen. Wir müssen deutlich machen, dass wir alle Schwerpunktbranchen weit verteilt im Land haben, mit denen man bei einer Gründung eng kooperieren kann.“
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, zu prüfen, wie ein Klima der zweiten und dritten Chance zu schaffen ist“, so steht es in dem Antrag, den der Landtag zur Gründerkultur gestern beschlossen hat. Was passiert, wenn es beim ersten Mal nicht klappt? Die Angst des Scheiterns ist ein ganz heikles Thema für Gründer, berichtet Mai. Man bekomme zwar auch viel auch Anerkennung, doch im Falle des Scheiterns komme von der breiten Masse ein „Ich hab’s ja gleich gewusst“. Die Angst lasse sich nicht abschalten. Es fehle schließlich auch an Erfahrung. „Die Gesellschaft ist noch lange nicht so weit anzuerkennen, was Gründer leisten“, stellt Mai fest.
Hat es vor sechs Jahren vor dem Startup-Wagnis auch Empfehlungen gegeben, sich lieber eine sichere Festanstellung zu suchen? „Meine Mutter sagt das immer noch jeden Tag, meine Freundin auch“, sagt Mai lachend. Würde er es trotzdem noch einmal riskieren? „Definitiv!“ (MB.)