Darum geht es: Seit mittlerweile drei Wochen brennt das Moor bei Meppen, ausgelöst durch einen Raketentest der Bundeswehr. Doch erst seit Ende vergangener Woche bekommt die Öffentlichkeit von den Streitkräften und der Politik umfassende Informationen. Ein Lehrbuchbeispiel für schlechte Kommunikation, findet Isabel Christian.

Von der Bundeswehr ist man in Sachen Kommunikationspannen ja mittlerweile einiges gewohnt. Sei es der Diebstahl von Munition, Soldaten, die beim Trainingsmarsch zusammenbrechen, Probleme mit der Ausrüstung oder die umstrittene Umbenennung einer Kaserne: Stets werden Informationen nur häppchenweise herausgegeben und meist erst mit tagelanger Verzögerung. Längst hat sich der Eindruck verfestigt, für sie unangenehme Ereignisse versuche die Bundeswehr aus der Welt zu schaffen, indem sie diese unter den Teppich kehrt. Bloß nicht drüber reden. Nun brennt also das Moor in Meppen, weil die Streitkräfte dort Raketentests durchgeführt haben – auf einem knochentrockenen Gelände. Es wäre vielleicht nicht einmal eine große Sache daraus geworden, wenn die benötigte Löschraupe einsatzbereit gewesen wäre. War sie aber nicht. Eine Fehleinschätzung der Lage, gepaart mit einem unglücklichen Umstand hat nun also dazu geführt, dass eine mehr als 8000 Fußballfelder große Fläche Schutzgebiet brennt. So weit, so fatal. Doch die Bundeswehr reagiert darauf, indem sie gut zwei Wochen lang nahezu keine staatliche Stelle informiert, die Bevölkerung in den verrauchten Nachbargemeinden mit Informationshäppchen abspeist und nichtmilitärische Helfer vom THW und den Feuerwehren mit einem Berichterstattungsverbot belegt. Soll bloß keiner wissen, dass wir hier ein Problem haben.

Die Politik hat sich indes in dieser Sache auch nicht mit Ruhm bekleckert, obwohl aus niedersächsischer Sicht damit durchaus zu punkten gewesen wäre.  Die Verteidigungsministerin war erst am vergangenen Sonnabend in Meppen, zwei Tage, nachdem sich ihr Staatssekretär dort hat sehen lassen. Davor: Schweigen im Moor und in Berlin. Obwohl es im Ministerium schon viel früher klar gewesen sein muss, dass der Brand keine Bagatelle ist, sondern ein Problem, was sich in absehbarer Zeit nicht lösen lässt. Denn wenn ein Torfmoor erst einmal brennt, dann lässt es sich nicht so leicht löschen.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius indes hätte spätestens am 13. September, zehn Tage nach Ausbruch des Feuers, hellhörig werden müssen. Denn an diesem Tag ging in seiner Behörde eine Anfrage nach personeller und materieller Unterstützung ein. Zudem zog damals bereits eine unübersehbare und riechbare Rauchsäule über das Emsland. Viel hätte Pistorius zu diesem Zeitpunkt dagegen nicht unternehmen können, das ist wahr. Denn das Feuer brennt auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 91, und das gehört ganz offiziell dem Bund. Doch der Innenminister hätte nachhaken und die Verantwortlichen beim Bund in die richtige Richtung drängen können. Schließlich beschränkte sich der Rauch nicht auf das Militärgelände, und niedersächsisches Personal sollte bei der Brandbekämpfung helfen. Zwei deutliche Indizien, dass da etwas im Gange ist, was die Bundeswehr allein nicht in den Griff bekommt, weder technisch noch kommunikativ. Pistorius vermittelte aber lange Zeit nicht den Eindruck, die Aufklärung wirklich vorantreiben zu wollen.


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Auch Umweltminister Olaf Lies hätte den Part des Whistleblowers spielen können, immerhin verbrennen hier mehrere Quadratmeter Moor, die nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen sind, sondern auch riesige Mengen CO2 speichern und damit wesentlich für den Kampf gegen den Klimawandel sind. Ein Thema, das dem Umweltminister am Herzen liegen muss, schließlich kündigte er vor kurzem an, den Klimawandel in die niedersächsische Verfassung aufnehmen zu wollen. Dass nun bei dem Flächenbrand mehr als 500.000 Tonnen CO2 frei werden – die Menge von zwei über fünf Jahre lang laufenden Kohlekraftwerken – sollte beim Umweltminister mehr auslösen als nur die 14 Tage nach dem Ausbruch des Brandes verschickte Pressemitteilung, er sei empört über die Ereignisse und habe in einem Brief an das Verteidigungsministerium Antworten darauf gefordert, wie man die Schießübungen habe erlauben können. Einen aktiven Part hätte schließlich auch Carola Reimann übernehmen können. Als Gesundheitsministerin hätte sie misstrauisch werden müssen, als die Bundeswehr tagelang verkündete, der Rauch sei für die Gesundheit völlig ungefährlich – ohne dass die Streitkräfteführung dafür Belege hätte vorlegen können. Erst der Landkreis Emsland hatte in der vergangenen Woche vorsichtig angefangen, eigene Messungen anzustellen, und er ist bisher zu dem Ergebnis gekommen, dass zumindest die Kohlenmonoxid-Werte noch unter dem Grenzwert liegen. Doch Ärzteverbände warnen schon länger, dass durch den Rauch sehr wohl eine Gesundheitsgefahr bestehe.

Bundeswehr und Politik haben sich mittlerweile dem öffentlichen Druck gebeugt und ihre Kommunikation und Kooperation verbessert. Das ist zu loben. Doch was bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack. Eine Brandkatastrophe mit drastischen Auswirkungen auf die Umwelt konnte tagelang heruntergespielt werden, ohne dass  sich in den höchsten Behörden darüber jemand aufregte.

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