Das Drama um die Sanierung der Gorch Fock erreicht jetzt auch die Landespolitiker
Erst wurde die Kostenexplosion bei der Sanierung des Segelschulschiffes Gorch Fock bekannt, statt der ursprünglich geplanten 9,6 Millionen Euro ist die Summe inzwischen auf mehr als 135 Millionen gestiegen. Dann sickerte durch, dass die Elsflether Werft, die seit 2016 mit dem Projekt beschäftigt ist, Insolvenz in Eigenregie angemeldet hat. Die alte Geschäftsführung des Unternehmens wurde Ende Januar abgelöst, es stehen nun Vorwürfe im Raum, hier habe es massive Unregelmäßigkeiten gegeben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Der Fall ist nun politisch wie juristisch äußerst brisant. Zum einen geht es um die Frage, ob der inzwischen abgelöste Vorstand Gelder veruntreut hat, die eigentlich an die Zulieferer hätten gehen sollen. Dubiose Vorwürfe kursieren, so sollen Schürfrechte für Gold in der Mongolei erworben worden sein. Außerdem habe es mit einigen Partnerunternehmen Absprachen gegeben, dass sie Teile zu überhöhten Preisen liefern und dann den Differenzbetrag teilweise auf verschlungenen Wegen zurücküberwiesen bekommen. Die andere Frage lautet, was das Bundesverteidigungsministerium davon wusste oder hätte wissen müssen, ob also dem Auftraggeber mangelnde Kontrolle und Vernachlässigung von Pflichten vorzuwerfen ist. Der Fall nagt damit auch am politischen Stand von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie war Spitzenkandidatin der niedersächsischen CDU bei der Bundestagswahl 2017.
Man kann nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Für ein Unternehmen in Insolvenz gibt es gar keine Möglichkeit, Bürgschaften zu erhalten.
Unterdessen demonstrieren die Landespolitiker in Hannover Geschlossenheit. Niedersachsens Wirtschaftsminister und CDU-Landeschef Bernd Althusmann erklärte am Montag, die Sicherung der Elsflether Werft mit 130 Beschäftigten und Zulieferern mit noch einmal 560 Mitarbeitern liege dem Land am Herzen. Wenn es Unternehmen gäbe, die investieren wollten, sei das Land notfalls auch zu Landesbürgschaften bereit, ließ sich Althusmann zitieren. Im Unterausschuss für Häfen und Schifffahrt stieß diese Aussage auf Kritik der Grünen-Abgeordneten Meta Janssen-Kucz: „Man kann nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Für ein Unternehmen in Insolvenz gibt es gar keine Möglichkeit, Bürgschaften zu erhalten.“
Einigkeit: alle Anstrengungen zum Erhalt der Werft richtig und sinnvoll
Allerdings waren sich im Ausschuss Janssen-Kucz, Karin Logemann (SPD), Bernd-Carsten Hiebing (CDU), Hillgriet Eilers (FDP) und Stefan Henze (AfD) einig, dass alle Anstrengungen zum Erhalt der angeschlagenen Werft richtig und sinnvoll seien. Uwe Jakob und Eberhard Franz, Referatsleiter im Wirtschaftsministerium, kündigten eine Verschiebung innerhalb des Ministeriums an: Hatte bisher die Arbeitsebene im Kontakt mit dem amtlich bestellten „Sachwalter“ gehabt, der dem derzeitigen Geschäftsführer in der Insolvenzphase an die Seite gesetzt wurde und alles mitzeichnen muss, so werde das jetzt auf die Leitung des Wirtschaftsministeriums übergehen. Nächste Woche stehe auch ein Gespräch mit der Geschäftsführung an, bisher habe man hier keine Drähte, auch zu den Zulieferfirmen nicht.
Lesen Sie auch:
Nordseewerke: Es gibt Hoffnung für die 85 Mitarbeiter
Nach den Aussagen von Jakob und Franz war die alte, inzwischen abgelöste Geschäftsführung Ende vergangenen Jahres im Wirtschaftsministerium, sie habe aber nichts zu wirtschaftlichen Problemen erwähnt. Die Forderung, die Sanierung der Gorck Fock auf jeden Fall fortzusetzen und an der bisherigen bewährten Arbeit anzuknüpfen, richtete Althusmann gemeinsam mit dem Bremer Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) an das Bundesverteidigungsministerium. Gegenwärtig liegt die Gorch Fock im Hafen von Bremerhaven. In der Häfenausschuss-Sitzung meinte die SPD-Politikerin Logemann, die qualifizierten und motivierten Mitarbeiter der Werft gerieten jetzt „in einen Sog“, das hätten sie nicht verdient. Die Politik müsse der Werft helfen, auch etwa in der Frage, wie eine Entschlammung der Hunte, an der die Elsflether Werft liegt, gelingen kann. Dies sei aber Angelegenheit des Bundes, betonten Jakob und Franz.