Da hilft nur eines: Bierglas abstellen und Hanf freigeben!
Darum geht es: Grüne und FDP im Landtag schlagen ein Modellprojekt zur Entkriminalisierung von Cannabis vor. Dafür haben sich die beiden Oppositionsfraktionen auf einen gemeinsamen Antrag verständigt. Ein Kommentar von Martin Brüning.
Wer sich noch an den Stefan-Raab-Song „Gebt das Hanf frei!“, der auf einem Ausruf des Grünen-Politikers Hans-Christian Ströbele basierte, erinnert, der kann ermessen, seit wie vielen Jahren eine Legalisierung von Cannabis schon diskutiert wird. Ströbeles Forderung stammt aus dem Jahr 2002, und seitdem hat sich außer der Möglichkeit, Schmerzpatienten legal die Einnahme von Cannabis zu ermöglichen, nichts geändert. Noch immer handelt der Staat nach dem Prinzip „Augen zu und durch“. Der Umgang mit Cannabis ähnelt in frappierender Weise der staatlichen Lethargie beim Glücksspielstaatsvertrag. Auch hier kann in den Augen vieler Politiker nicht existieren, was gar nicht erlaubt ist. Das Sein bestimmt nicht das politische Bewusstsein. Allerdings ist der Schwarzmarkt-Handel mit Cannabis ebenso Realität wie das Glücksspiel im Internet. Immer wieder hinkt Gesetzgebung Jahrzehnte hinter der Realität hinterher.
Die Argumente für und gegen die Freigabe von Cannabis sind deshalb alle nicht neu. Auf der Pro-Seite steht die Kontrollierbarkeit, die bei einer lizensierten Abgabe in einem weitaus größeren Maß möglich wäre als bisher. Zudem gäbe es endlich die Möglichkeit eines Verbraucherschutzes, der seinen Namen verdient, und eine Entlastung der Justiz. Gegen die Freigabe spricht das geringe Wissen darüber, wie sich Cannabis-Konsum langfristig auswirkt, sowie die heute schon bekannten Nebenwirkungen und die Suchtgefahr. Der von Grünen und FDP erarbeitete Vorschlag eines Modellprojekts könnte ein guter Kompromissweg sein, weil damit zunächst einmal eine solide Datenbasis künftige Entscheidungen erleichtern könnte.
Fehlende Daten und Argumente sind allerdings in den vergangenen Jahren nicht der Grund gewesen für den fehlenden Fortschritt in der Cannabis-Frage. Das Problem ist vielmehr die Bigotterie bei einem Großteil der Politiker, die bei Abendveranstaltungen mit dem Bierglas in der Hand über die angebliche Gefahr von Cannabis dozieren. Es entbehrt nach wie vor jeder Logik, dass die Volksdroge Alkohol eine teilweise gefährliche und irritierende Akzeptanz erfährt, während Cannabis kriminalisiert wird. Jeder U- oder Straßenbahnnutzer wird sich an vermutlich mehrere unangenehme Situationen mit alkoholisierten Mitfahrern erinnern, nur wenige an ähnliche Vorfälle mit einem Cannabis-Konsumenten. Insofern ist die Ungleichbehandlung zweier Drogen irrational und in Frage zu stellen.
Erstaunlich ist, dass gerade die Jugendorganisationen der Parteien für die Legalisierung eintreten, obwohl eine Freigabe unter 18 Jahren auch bei Grünen und FDP nicht vorgesehen ist. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Jusos, Grüne Jugend und Julis recht haben. Die SPD sollte wie Grüne und FDP auf ihre Jugendorganisation hören und die CDU einfach Vertrauen in den mündigen Bürger haben. Niemand braucht einen staatlichen Schutz, der ohnehin nicht funktioniert. Jeder kann über seinen Cannabis-Konsum in einem kontrollierten Abgabesystem eigenverantwortlich entscheiden. An den Landtag geht deshalb, in Anlehnung an Hans-Christian Ströbele, die klare Aufforderung: Stellt das Bierglas zur Seite und gebt das Hanf frei!