Nach neuen Ungereimtheiten bei einem Vergabeverfahren hat das Wirtschaftsministerium neue Details bekanntgegeben. Es geht um eine Repräsentanz Niedersachsens in Chicago. Inzwischen gibt es zwar eine Ausschreibung, um einen Betreiber zu finden. Zuvor war aber der Auftrag für eine einjährige Modellphase direkt an ein Tochterunternehmen der Deutschen Messe AG gegangen. Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode hatte dem Wirtschaftsministerium dazu 100 Fragen gestellt – heute kamen die Antworten.

520 Unternehmensanfragen, 70 Unternehmensgespräche, 8 potenzielle „Ansiedlungsfälle“: Die Bilanz der Chicago-Vertretung im ersten halben Jahr – Foto: Oleg Podzorov

Demnach wurden zwar im Vorfeld „vier potenziell geeignete Anbieter identifiziert und kontaktiert“, bei der anschließenden Vergabe wurde aber nur ein Unternehmen um ein Angebot gebeten. Die anderen Firmen hätten entweder abgelehnt, ein Angebot abzugeben oder es habe die entsprechende Eignung gefehlt. Übrig blieb nur die Tochter der Deutsche Messe, die ein Angebot in Höhe von 200.000 Euro abgab und den Zuschlag erhielt. Die Opposition hat Zweifel, dass vorab wirklich „geeignete Bewerber“ gefragt wurden und es nicht von Beginn an bereits auf die Messe-Tochter hinauslief. Sie sieht auch einen erneuten Vergabeverstoß, weil am Ende nur ein Angebot abgegeben wurde. Bode sagt im Gespräch mit dem Rundblick, das Ministerium selbst antworte, dass eine freihändige Vergabe bis zu einem Auftragswert von 25.000 Euro zulässig sei. In diesem Fall sei gegen das Vergaberecht verstoßen worden. Die Auskünfte des Wirtschaftsministeriums seien ein hinreichender Grund, den Untersuchungsauftrag des geplanten Untersuchungsausschusses auch auf diese Vergabe auszudehnen, so Bode.

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Beobachter wundern sich auch, dass im aktuellen Vergabeverfahren für die Zeit nach der Probephase der Preis erneut eine untergeordnete Rolle spielt. Wie im Fall Neoskop wird er nur zu 40 Prozent gewichtet. Vorteile bei der Ausschreibung für den aktuellen Betreiber sieht das Ministerium nicht und er hätte auch nicht als „vorbefasstes Unternehmen“ von der Vergabe ausgeschlossen werden müssen. Die Deutsche Messe AG sei über ihre Tochter Hannover Fairs USA aktuell Auftragnehmer einer vergebenen Dienstleistung. Es sei unzulässig, einen solchen Wettbewerber aus dem Verfahren auszuschließen, nur weil er diese Dienstleistung schon einmal erbracht habe.

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Am Vormittag hatte die rot-grüne Mehrheit im Wirtschaftsausschuss eine mündliche Unterrichtung durch die Landesregierung in dem Fall abgelehnt. „Damit will Rot-Grün den Minister vor direkten Nachfragen schützen – ein durchschaubares Manöver“, sagte im Anschluss der CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Schünemann. Seiner Meinung nach spielt der Wirtschaftsminister in der Vergabeaffäre erkennbar auf Zeit. „Seine Beteuerungen im Plenum, für eine lückenlose Aufklärung und absolute Transparenz sorgen zu wollen, waren reine Lippenbekenntnisse“, so Schünemann. (MB.)