CDU: Spitzenkandidatur künftig per Mitgliedervotum?
In der niedersächsischen CDU ist die Diskussion über Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden der Partei bei der Bundestagswahl voll entbrannt. Dabei werden auch Verbindungen zum beginnenden Landtagswahlkampf gezogen. Der wiedergewählte Bundestagsabgeordnete André Berghegger aus dem Kreis Osnabrück sagte dem Politikjournal Rundblick: „Wenn der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann erklärt, bei den Personalentscheidungen künftig die Basis stärker einzubeziehen, dann sollten wir ihn beim Wort nehmen und einen Mitgliederentscheid über die CDU-Spitzenkandidatur zur Landtagswahl durchführen.“ Die Landtagswahl wird voraussichtlich am 9. Oktober 2022 sein, das Kabinett entscheidet darüber vielleicht schon am morgigen Dienstag.
Bisher hat Althusmann wiederholt öffentlich mitgeteilt, erneut als CDU-Ministerpräsidentenkandidat gegen Amtsinhaber Stephan Weil (SPD) antreten zu wollen. Von anderen Interessenten ist nichts bekannt. Ein möglicher Mitgliederentscheid der rund 58.000 niedersächsischen CDU-Mitglieder müsste im Fall der Fälle eilig anberaumt werden, da die Landesgeschäftsstelle schon mit den ersten Vorbereitungen auf den Landtagswahlkampf begonnen hat. Berghegger betonte, sein Vorstoß richte sich ausdrücklich nicht gegen Althusmann, er unterstütze ihn sogar. In der CDU gebe es aber nach der verlorenen Bundestagswahl großen Unmut über die Nicht-Beteiligung der Basis und die Missachtung der Empfehlungen des Mittelbaus der Partei, der Kreisvorsitzenden.
Althusmann kündigt „umfassende Aussprache“ an
Althusmann selbst hat am Wochenende in einem Schreiben an die 58.000 niedersächsischen CDU-Mitglieder eine neue Konferenz der Kreisvorsitzenden „mit umfassender Aussprache“ für den 15. Oktober angekündigt. Darüber hinaus würden CDU-Landesgeneralsekretär Sebastian Lechner und er selbst die Kreisverbände gern besuchen und „so viele Gesprächsangebote annehmen wie irgend möglich“. In diesem Brief, in dem er um Geschlossenheit und Aufarbeitung der Fehler wirbt, heißt es von Althusmann an einer Stelle: „Die CDU braucht eine direkte und breite Beteiligung der Landes-, der Kreisverbände und der Mitgliederschaft zu wichtigen Entscheidungen.“ Was das für die Vorbereitung der Landtagswahl bedeuten kann, führte der CDU-Landeschef nicht weiter aus.
Lesen Sie auch:
Niedersächsische CDU-Funktionäre rechnen mit Rückzug von Parteichef Laschet
Althusmann muss der Nachlese zur Bundestagswahl in der Niedersachsen-CDU intern auch Kritik einstecken. Er hatte wiederholt für Armin Laschet als Parteichef und als Kanzlerkandidat geworben, zuerst im März 2020, dann noch einmal vor Weihnachten 2020. Als im April 2021 die Entscheidung zur Kanzlerkandidatur anstand, votierten in einer internen Kreisvorsitzenden-Konferenz der Niedersachsen-CDU mehr als zwei Drittel der Teilnehmer für Markus Söder als Bewerber der Union für die Merkel-Nachfolge. Althusmann erklärte seinerzeit, dennoch für Laschet zu sein – er und die übrigen niedersächsischen Mitglieder des CDU-Bundesvorstandes votierten ein paar Tage später dann auch in den entscheidenden CDU-Gremiensitzungen für Laschet. Aus Sicht einiger niedersächsischer CDU-Funktionäre haben die führenden Niedersachsen im CDU-Bundesvorstand damit gegen die Basis gestimmt.
Hätte Althusmann überhaupt Herausforderer?
Dass ein Mitgliedervotum zur Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl große Überraschungen zeigen könnte, gilt derzeit als unwahrscheinlich. Es hat sich bisher niemand gemeldet, der anstelle von Althusmann die CDU-Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl anpeilen wollte. Zuweilen werden einige Namen genannt – die Bundestagsabgeordneten Silvia Breher (Vechta), Hendrik Hoppenstedt (Hannover) oder Mathias Middelberg (Osnabrück) beispielsweise, auch der frühere Ministerpräsident und Europaabgeordnete David McAllister (Cuxhaven). Sie alle haben in der Vergangenheit allerdings wiederholt erklärt, ihr Platz sei in Berlin beziehungsweise in Brüssel.
Für Althusmann böte ein Mitgliedervotum sogar positive Chancen zur besseren Motivation des eigenen Lagers, wenn er sozusagen damit in der eigenen Partei die Vertrauensfrage stellt und bei einem guten Abschneiden gestärkt in den Wahlkampf gehen könnte. Außerdem könnte das ein Beitrag für die von ihm selbst geforderte Modernisierung der CDU sein.
Der Landesvorsitzende der Jungen Union, Christian Fühner, erklärte gegenüber dem Politikjournal Rundblick: „Die Veränderung in der CDU muss jetzt beginnen – personell, strukturell und inhaltlich. Deswegen gehöre „alles auf den Prüfstand“. Die CDU müsse junge Menschen stärker in den Blick nehmen, wenn sie Volkspartei bleiben wolle.