CDU setzt Mielke in Büroleiter-Affäre eine Frist – und droht mit dem Staatsgerichtshof
Ein Ende der parlamentarischen Aufarbeitung der Büroleiter-Affäre bleibt weiterhin nicht in Sicht. Die CDU-Landtagsfraktion hat in den Aussagen der Landesregierung neue Widersprüche gefunden und fordert nun Staatskanzleichef Jörg Mielke auf, offenkundig falsche Auskünfte an das Parlament zu korrigieren. Sollte dies bis zum 11. Oktober nicht geschehen, werde die CDU ein Organstreitverfahren vor dem Staatsgerichtshof anstrengen. Die Richter dort müssten dann klären, ob die Staatskanzlei gegen Artikel 24 der Landesverfassung verstoßen hat. Artikel 24 verpflichtet die Landesregierung dazu, Anfragen von Abgeordneten „nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“ zu beantworten. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU, Carina Hermann, sieht eine „nachweislich unwahre“ Aussage in einer vom 12. August 2024 datierten Antwort der Staatskanzlei auf eine CDU-Parlamentsanfrage.
Es geht in der CDU-Anfrage um die Vermutung, dass die Büroleiterin des Ministerpräsidenten, Aynur C., nicht nur einmal, sondern gleich doppelt von kurzfristig geschaffenen Sonderregeln des Kabinetts profitiert hat. Die eine Sonderregel ist seit Monaten bekannt: Das Finanzministerium hob Ende 2023 die bisherige Vorschrift auf, nach der Angestellte eine AT-Vergütung nur erhalten dürfen, wenn es einen „fiktiven Vergleich“ mit einer Beamtenlaufbahn gibt. Dies bedeutete in der Praxis, dass kein Angestellter mit kurzer Berufspraxis sprunghaft von E15 auf B2 angehoben werden darf – denn ein vergleichbarer Beamter müsste längere Zeit in jeder Besoldungsstufe verharren. Die Sprung-Beförderung per AT-Vertrag von C. geschah dann aber, nachdem sich Staatskanzlei und Finanzminister auf einen Wegfall der Vergleichspflicht mit Beamten und einen Verzicht auf die Zustimmungspflicht des Finanzministeriums verständigt hatten. Es gab aber noch eine zweite, erst im Juni 2024 bekanntgewordene Veränderung der bisherigen Verwaltungspraxis. Die bis dahin gültige Praxis sah mehrmonatige Wartezeiten in jeder Besoldungsstufe vor, bevor die nächste erreicht werden kann. Anfang Januar 2024 hatte das Kabinett diese Regel gekippt, in einer Landtagsantwort vom Juni 2024 wurde dies dem Landtag bekannt – und die CDU erkundigte sich anschließend in einer weiteren Anfrage an die Landesregierung, ob auch C. davon profitiert habe.
Die am 12. August erteilte Antwort der Staatskanzlei verneinte, dass C. davon betroffen gewesen sei. Bei C. habe es sich um eine Neueinstellung gehandelt, und für solche gelte die normale Probezeit. Insofern habe die neue Wartezeiten-Praxis für C. keine Bedeutung gehabt. Diese Aussage greift Carina Hermann jetzt in einem Schreiben an Mielke auf und erklärt, die Antwort stimme „nachweislich nicht“. C. sei im Februar 2023 eingestellt worden, ein Dreivierteljahr vor Gewährung ihrer AT-Zulage. Damit sei sie zum Zeitpunkt des AT-Vertrages keine Neueinstellung mehr gewesen – und die Wartezeiten-Praxis sei für sie relevant gewesen. Nach der alten Wartezeiten-Praxis hätte sie also sechs Monate bei E16 verharren müssen, bevor sie auf B2 gehoben wurde. Tatsächlich aber wurde C. per Kabinettsbeschluss vom 21. November 2023 von E15 auf B2 gehoben, für sie musste also die neue Wartezeiten-Praxis relevant sein. Eine Fußnote ist hierbei, dass die Wartezeiten-Praxis erst im Januar 2024 verändert wurde, C. aber ihren Vertrag schon im November 2023 bekommen hatte. Dieser Widerspruch zwischen der im Januar 2024 veränderten Regel und dem schon im November 2023 abgeschlossenen Vertrag mit C. „wird uns noch an anderer Stelle beschäftigen“, schreibt Hermann an die Staatskanzlei. Die falsche Auskunft zu C., diese sei ja eine „Neueinstellung“ gewesen, stehe aber nun im Raum. Mielke müsse diese zurücknehmen und den Fehler eingestehen. Wenn er das unterlasse, wolle die CDU den Rechtsweg zum Staatsgerichtshof beschreiten.
Dieser Artikel erschien am 27.09.2024 in der Ausgabe #169.
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