Beide Koalitionspartner machen sich in diesen Tagen auf den Weg, eine der heikelsten Fragen rund um die Förderung der Erneuerbaren Energien zu klären: Wie sollen künftig die Abstände von Windrädern gegenüber der Wohnbebauung und gegenüber Naturschutzgebieten geregelt werden? Anlass ist ein Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium, in dem ein 1000-Meter-Abstand zur Wohnbebauung vorgeschlagen wird. Die ersten Überlegungen der Bundesregierung, den Ländern in diesem Punkt Ausnahmeregelungen zu gestatten, werden offenbar von SPD wie CDU in Niedersachsen lebhaft begrüßt.

Sollen Windkraftanlagen in Wäldern ein Tabu bleiben? Darüber denkt die CDU im Landtag nach – Foto: Bene_A

Beide Koalitionsfraktionen haben schon wegen der Bedeutung der Windkraftbranche für Norddeutschland ein lebhaftes Interesse daran, dass die Windenergienutzung in Niedersachsen nicht eingedämmt, sondern im Gegenteil ausgeweitet wird. Bisher gibt es keine pauschale Abstandsregelung zur Wohnbebauung, maßgeblich sind vielmehr die Immissionsschutzregeln beispielsweise der TA Lärm. Sie sehen in der Praxis einen Abstand zu Wohnsiedlungen von 650 bis 750 Meter vor, zu einzelnen Gehöften im Außenbereich von 350 bis 500 Meter.

Windkraftbefürworter demonstrierten am Donnerstag vor dem Landtag und sprachen dort mit Ministerpräsident Stephan Weil und Umweltminister Olaf Lies – Foto: kw

Würde man nun die 1000 Meter verbindlich machen, so würde das bedeuten, viele bestehende Windkraftanlagen im Fall der nötigen Nach- und Aufrüstung gar nicht mehr betreiben zu können. Das will die Landesregierung vermeiden, sie setzt sich vielmehr für Schritte ein, das Angebot an Windkraft erheblich auszuweiten.

Diskutiert werden nun mehrere Varianten:

Die Wälder sollen kein Tabu mehr sein: Bisher sind Waldflächen, die im Landesraumordnungsprogramm als solche ausgewiesen wurden, für den Bau von Windkraftanlagen tabu. In der Koalition wird nun auch diskutiert, ob man an dieser Stelle eine Ausnahme machen sollte und Windparks wenigstens die Randbereiche der Wälder zulassen sollte – beispielsweise im Harz oder im Solling. Dann würde Niedersachsen dem Beispiel Hessens folgen, wo so etwas bereits erlaubt ist.

Das Land unterschreitet die 1000 Meter: Eine Möglichkeit wäre, im Fall einer Länder-Öffnungsklausel die pauschalen Abstände nicht auf 1000, sondern beispielsweise auf 700 Meter festzulegen. Dazu müsste aber das Bundesgesetz eine solche pauschale Möglichkeit erlauben. Eine strittige Frage wäre dann, ab wann überhaupt ein solcher Mindestabstand gelten soll. Muss das schon für einen einzelnen Bauernhof vor den Toren einer Gemeinde gelten – oder erst ab einer bestimmten Siedlungsgröße von fünf oder zehn Häusern?


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Die Gemeinden bekommen die Freiheit: Sollte es eine Länder-Öffnungsklausel geben, könnte das Land es auch den Kommunen überlassen, selbst einen Mindestabstand zu definieren. Die Gefahr wäre dann aber groß, dass überall dort ein großer Abstand festgelegt wird, wo aktive Bürgerinitiativen gegen neue Windkraftanlagen kämpfen.

Das Land gibt Gebiete für neue Windparks vor: Bislang gilt in Niedersachsen folgende Regel: Jede Kommune muss ein Vorranggebiet für Windparks ausweisen. Unterlässt sie das, könnte jeder Grundbesitzer im Außenbereich den Bau einer Windkraftanlage beantragen. Man kann ihm das nur untersagen, wenn die Kommune einen Ausweichplatz anbietet. Es bleibt aber in Niedersachsen bisher bei der Regel, dass die Gemeinden in ihrer Planungshoheit die Flächen für Windparks identifizieren und bestimmen muss. In der Praxis ziehen sich solche Planungen lange hin, häufig werden Beschlüsse gerichtlich angefochten. In der Koalition wird überlegt, ob man dem Beispiel Schleswig-Holsteins folgen soll: Dort hat das Land selbst Flächen vorgegeben, auf denen Windkraftanlagen gebaut werden können. Die Gemeinden würden so von dieser Aufgabe befreit werden.

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Die Naturschutzregeln werden aufgeweicht: Bisher ist im Bundesnaturschutzgesetz geregelt, dass zum Schutz von Fledermäusen, seltenen Vogelarten, Brut- und Raststätten ein Mindestabstand von de facto etwa 1000 Metern zu Windkraftanlagen eingehalten werden muss. Gerade in der CDU gibt es nun Stimmen, sich für eine Abschwächung dieser Vorschrift im Bundesgesetz einzusetzen – anstelle der Muss- soll eine Kann-Regelung eingeführt werden. Dies hätte zur Folge, dass neue Windkraftanlagen näher an Naturschutzflächen heranrücken dürfen. Die Ausweitung der Windkraft würde in diesem Fall zu Lasten von Natur- und Artenschutz gehen.