21. Sept. 2015 · 
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Busemann: Politik muss Flüchtlingsfrage in den Griff bekommen

(rb) Hannover. Als „wahres Wunder“ hat Landtagspräsident Bernd Busemann die Entwicklung in Deutschland während der Flüchtlingskrise bezeichnet. „So viel Offenheit, so viel Hilfsbereitschaft und so viel ehrenamtliches Engagement“ habe es in diesem Land noch nie gegeben. „Da war das Volk schneller als die Politik“, sagte der CDU-Politiker am Wochenende im Interview mit der Neuen Presse. Jetzt gelte es auszuloten, welche Belastungen die Bevölkerung noch aushält, damit die positive Stimmung nicht ins Gegenteil kippe. Es bestehe zu Recht die Erwartung, dass sich Staat und Verwaltung den Problemen stellten und sie in den Griff bekämen. Gefordert seien Antworten auf eine Fülle von Fragen. Es gehe um das notwendige Personal, die Gesundheit, Wohnungen, Arbeit „und am Ende immer um Geld“. „Wenn uns das jetzt aus dem Ruder läuft, sehe ich einen schwierigen Herbst auf uns zukommen“, sagte Busemann. Gleichwohl habe die Politik auf die Krise in Ungarn menschlich und richtig reagiert. Jetzt müsse die Bundesregierung aber auch Ordnung in die dadurch entstandene Situation bringen. So sehr er sich auch über die Bilder vom Münchener Hauptbahnhof – die ihn an die Maueröffnung 1989 erinnerten – gefreut habe, die um die Welt gegangen seien und Deutschland als Volk zeigten, das warmherzig sei und friedlich und die Menschenwürde achte: In der IT-vernetzten Welt gelangten diese Bilder in den letzten Winkel des Erdballs und könnten dabei auch Überzeichnungen der Hoffnung auslösen, gab der Landtagspräsident zu bedenken. Was den Syrien-Konflikt betrifft, äußerte er sich zudem – „als etwas naiver Landespolitiker“ – sehr enttäuscht von den Weltmächten. „Da müssen Millionen ihr Land verlassen, dabei hätte es wahrscheinlich gereicht, wenn einer geht: Assad!“, sagte Busemann. Er betrachte diese von Tod und Verderben bedrohten Menschen, die in der Flucht den einzigen Ausweg sehen, als „eindeutig asylberechtigt“. Man brauche nicht fünf Monate, um das herauszufinden. Gleichzeitig sei es „Irrsinn, dass wir in Deutschland seit Jahren auf die Menschen aus dem Westbalkan das falsche Recht anwenden“. Sie kämen unter der Asylflagge zu uns, obwohl sie Wirtschaftsflüchtlinge seien, denen niemals Asyl gewährt werde, „und gleichzeitig schaffen wir es nicht, die Leute zügig wieder nach Hause zu schicken“. Hier versage das Verwaltungsrechtssystem. Notwendig sei mehr Konsequenz, aber auch ein europäischer Balkanplan. Es sei für ihn eine große Enttäuschung, dass von der EU, „die sonst an so vielen unwichtigen Stellen in unser kleines Leben eingreift, in dieser zentralen Frage nichts kommt“, sagte Busemann.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #171.
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