Bundestag senkt Hürden beim Umbauprogramm von Schweineställen
Unmögliche Fristen, viel zu bürokratisch, kaum anwendbar – die Kritik vom Landvolk Niedersachsen am Bundesförderprogramm für Stallumbauten hatte es in sich. Nun konnte sich der Berufsstand mit seinen Forderungen offenbar durchsetzen. Wie der niedersächsische Bauernverband berichtet, hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags in der vergangenen Woche beschlossen, die Fördermittel auch noch im Jahr 2022 bereitzustellen. Eine endgültige Entscheidung soll der Bundestag in dieser Woche fällen.
Seit Ende September können bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung entsprechende Anträge gestellt werden. Das ist Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets der Bundesregierung, in dem auch 300 Millionen Euro für den tierwohlgerechten Umbau von Schweineställen vorgesehen sind. Bis zu 40 Prozent der Kosten können übernommen werden, maximal aber 500.000 Euro pro Antragsteller. Bislang galt allerdings: Das Geld gibt es nur, wenn der Stallumbau bis Ende 2021 abgeschlossen ist. „Dadurch wäre das Umbauprogramm in der Praxis nicht umsetzbar gewesen und somit nicht nachgefragt worden“, erklärt der scheidende Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke.
Schweinehalter: Da fördern, wo Tiere sind
Allein für eine Baugenehmigung gingen mehrere Monate ins Land, heißt es. Das Förderprogramm mit seiner ursprünglichen Laufzeit hätte bei einigen Landwirten gerade in den Plan passen können, weil sie ohnehin geplant hatten, ihren Stall umzubauen und die Baugenehmigung nun schon in der Tasche hatten. Doch gerade diejenigen, die ohnehin einen Umbau geplant hatten, seien ja nicht die, die man mit einem solchen Förderprogramm nun zum Umbau motivieren wollte. Für die eigentliche Zielgruppe waren die Fristen aber „völlig utopisch“, sagt der Schweinehalter Hubertus Berges aus dem Landkreis Cloppenburg. Auch die Obergrenzen der Tiereinheiten, die in der Förderrichtlinie gezogen wird, kritisiert er scharf. „Wir müssen da fördern, wo Tiere sind“, sagt Berges. Es gehe nicht um Kapazitätserweiterung, sondern um mehr Qualität und eine größere Fläche – das müsse dann auch für große Betriebe gelten.
Berges fürchtet, dass mit der Umbau-Förderung eigentlich die Bestände reduziert werden sollen. Denn statt für dieselbe Anzahl an Tieren mehr Platz zu bekommen, gehe es eher in die Richtung, mehr Platz für einzelne Tiere innerhalb einer gleichbleibenden Gebäudehülle zu erzielen. „Es werden nur Investitionen gefördert, wenn keine Vergrößerung des Tierbestandes damit verbunden ist“, erläutert der Landwirt. Zudem sei der geförderte Stall nach Inbetriebnahme mindestens zwölf Jahre zweckentsprechend zu betreiben. „Das erfordert schon einiges an Weitsicht, Mut und Risikobereitschaft“, meint Berges, der auch Sprecher des sogenannten Veredelungsausschusses beim niedersächsischen Bauernverband ist.
Mehr Tierwohl oder weniger Lärm?
Die uneindeutigen und teilweise widersprüchlichen Zielvorgaben aus dem Agrar- und dem Umwelt-Ressort trieben die Sauenhalter derzeit ohnehin zur Verzweiflung, schildert der Landvolk-Funktionär. So sei zwar von der Politik gewünscht, Tieren mehr Außenreize zu ermöglichen, also zum Beispiel den Stall teilweise oder komplett mit offenen Seiten zu gestalten. Doch dann bekommt der Landwirt Probleme mit den Emissionswerten. Landwirte fürchteten sich davor, überhaupt einen Bauantrag zu stellen und mit einem Umbau zu beginnen, schildert Berges. Ihre Sorge sei, dass sie dabei ihren Bestandschutz verlieren oder hinterher strengeren Emissionsrichtwerten genügen müssten als vorher.
Ein offener Stall, der mehr Tierwohl bietet, sorgt aber naturgemäß für mehr Emissionen von Staub, Lärm, Geruch und Ammoniak. „Tierwohlställe haben immer mehr Emissionen als konventionelle Ställe“, erläutert Berges. Die Abluft ließe sich nur bei einem komplett geschlossenen Stall filtern. Soll nun aber bei einem offenen Stall die Emission reduziert werden, ginge auch das nur über einen reduzierten Tierbestand. Eine Lösung dieses Dilemmas könnten die Ergebnisse der Borchert-Kommission sein, bei der Berges selber in einer Untergruppe mitarbeitet.
Doch bevor man dort zu einem abschließenden Ergebnis kommt, vergeht noch einige Zeit. „Das sind sehr viele Gesetze, die damit in Verbindung stehen“, sagt Berges. Es reiche nicht, ein einzelnes Gesetz zu ändern, es bedarf eines gesamten Gesetzespakets. Unter anderem geht es dann darum, die sogenannten Technischen Anleitung (TA Luft und TA Lärm) anzupassen und Bauvorhaben im Baugesetzbuch zu vereinfachen, damit künftig der Umbau eines Stalls nicht nur attraktiver, sondern nicht mehr existenzbedrohend für die Schweinehalter wird.